— 350 —
Polizeihaft zu entlassen. Erwies die H. sich aber als Polizeigefangene krank und deshalb
kurbedürftig, so war es die Verpflichtung der Polizeiverwaltung, welche sie detinirte, für sie
auch in dieser Richtung so lange zu sorgen, als diese polizeiliche Detention fortbestehen blieb.
In diesem Sinne hat sich das Bundesamt bereits in dem Erkenntnisse vom 20. Oktober 1873 in
Sachen Cassel contra Treysa ausgesprochen, und dieselbe Auffassung liegt auch dem Urtheile vom
30. Mai 1874 in Sachen Königshütte gegen den Landarmenverband für das Herzogthum Schlesien
und die Grafschaft Glatz — Central-Blatt für das Deutsche Reich S. 234 — zum Grunde. Die
Kosten, welche durch die Heilung und Verpflegung der H. im Hospital zu Cöln entstanden, fallen
mithin lediglich dem Polizeifonds zur Last, wobei es auch gleichgültig ist, ob der Krankheitszustand
derselben bei ihrer Einbringung in das Hospital ein solcher war, daß auch, abgesehen von ihrer
polizeilichen Verhaftung und der von der Polizei erlassenen Aufnahmeverfügung, im Wege der
öffentlichen Armenpflege für sie hälte gesorgt werden müssen. Denn die Verpflichtung der Polizei
den von ihr detinirten Personen in Krankheitsfällen die nöthige Heilung und Pflege zu verschaffen,
ist unabhängig von der Bedeutung und Schwere der Krankheit und deren Einfluß darauf, ob die
betreffende Person, wenn sie frei wäre, noch in der Lage seln würde, ohne der Armenpflege
anheimzufallen, ihre nothdürftige Subsistenz sich durch ihre Arbeit selbst zu verschaffen oder nicht.
Die Verpflichtung der Polizei, für die Pflegekosten aufzukommen, wurde natürlich auch dadurch
nicht alterirt, daß in dem gedachten Schreiben vom 19. Juli das Polizel-Präsidium zu Cöln, welches
die H. dem Hospitale überliefert hatte, es ablehnte, die erbetene Entscheidung darüber zu treffen,
ob deren Ueberweisung nach Lippstadt erfolgen könne, die weitere Verfügung in dieser Beziehung
vielmehr dem Bürgermeisteramte zu Ehrenfeld überlassen zu müssen glaubte, von welchem erst am
25. August dle Zurückweisung nach Lippstadt mittelst des der Armenverwaltung zugesandten Zwangs-
passes gestattet wurde, so daß erst hiermit die H. aufhörte, Polizeigefangene zu sein.
G. Konsulat-Wesen.
Seine Majestät der Kaiser und König haben im Namen des Deutschen Reichs
den Dr. med. Bernhard Otto Kellner in Bloemfontein
zum Konsul des Deutschen Reichs für den Oranje-Freistaat,
den Vize-Konsul Dr. jur. Adolf Jerosch zu Lissabon,
den Kaufmann Joäo Torlades O'Neill in Setubal und
den Kaufmann George S. J. Oliver auf Fayal (Azoren)
zu Konsuln des Deutschen Reichs
zu ernennen geruht.
Eine Uebersicht der Publikationen des Deutschen Reichs- und Königl. preuß. Staats-Anzeigers in den
Jahren 1866 bis 1874 ist soeben erschienen.
Berlin, Carl Heymann's Verlag. — Druck von F. Hoffschläger in Berlin.