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Erwerb und Verlust der Eigenschaft eines mecklenburgischen Unterthans, verloren hätten, da B. ohne
Erlaubniß im Jahre 1854 die mecklenburgischen Lande verlassen, und ohne dorthin wieder zurück-
zukehren, länger als zehn Jahre in London sich aufgehalten habe. Diese Annahme ist zutreffend
und auch in der Berufung nicht angefochten. Es konstatirt aber auch nicht, daß B., und nach dessen
im Jahre 1867 erfolgten Tode seine Wittwe, nach Verlust ihrer mecklenburgischen Staatsangehörig-
keit irgend einem anderen zum Geltungsbereich des Reichsgesetzes vom 6. Juni 1870 gehörigen
Staate angehörig geworden sind. Vielmehr hat die Wittwe B. angegeben, daß sie vom Jahre 1854
bis zum Jahre 1872 in London gelebt hat und demnächst erst nach Atona übergesiedelt ist, wo fie
im Mai 1873 der öffentlichen Armenpflege bedürftig geworden ist. Bei dieser Sachlage hat der
erste Richter die Wittwe B. mit Recht für eine Ausländerin im Sinne des §. 60 des cit. Reichs-
gesetzes angesehen.
Kläger hat auch gegen diese Annahme in seiner Berufungsschrift keinen Angriff gerichtet, seine
Beschwerde vielmehr auf die Ausführung beschränkt, daß B. (folgeweise auch seine Wittwe) nach der
bisher in Mecklenburg-Schwerin in Geltung gewesenen Gesetzgebung das Heimathsrecht, das er unbe-
stritten vor dem Jahre 1854 in der Stadt Schwerin besessen, nicht verloren habe, wenn er auch seiner
Staatsangehörigkeit in diesem Lande durch mehr als zehnjährige Abwesenheit verlustig gegangen sei.
Allein diese Beschwerde geht ebenso fehl, wie die Berufung auf die frühere Entscheidung des Bundesamts
vom 16. April 1872 (Entsch. I. Seite 96). Denn im vorliegenden Falle ist das Unterstützungsbedürfniß
erst nach dem Inkrafttreten des Reichsgesetzes hervorgetreten, und es unterliegt daher keinem Be-
denken, daß der Rechtsstreit nach diesem Gesetze und zwar nach §. 60 desselben zu entscheiden ist,
mithin auf eine Erörterung, welchen Einfluß nach dem vor dem 1. Juli 1873 in Mecklenburg-
Schwerin geltenden Rechte der Verlust des Indigenats auf ein bestehendes Heimathsrecht hatte,
hier nicht eingegangen werden kann. Das vom Kläger angezogene Präjudikat betraf einen Fall, in
welchem die Hülfsbedürftigkeit vor dem 1. Juli 1871 hervorgetreten und deshalb die Heimaths-
berechtigung nach der früheren Gesetzgebung des Großherzogthums Mecklenburg-Strelitz zu beurtheilen
war. Nach dem im Fragefalle zur Anwendung kommenden §. 60 des Reichsgesetzes ist es aber
ohne weitere Ausführung klar, daß dem Kläger ein Anspruch an den Armenverband Schwerin
auf Erstattung der der Wittwe B. gewährten und noch zu gewährenden Unterstützungskosten nicht
zustehen kann, da sich die Wittwe B. bei dem Eintritt ihrer Hülfsbedürstigkeit in Altona, also in
Preußen befunden hat.
Hiernach mußte das erste Erkenntniß bestätigt werden.
7. Post- Wesen.
Verkauf der neuen Portotaxe.
Aus den Kreisen des Publikums ist wiederholt der Wunsch hervorgetreten, daß die neu erschienene Porto-
taxe nebst der zugehörigen Tabelle der ausgerechneten Portosätze den Korrespondenten von den Post-
anstalten käuflich abgelassen werde.
Da es von Wichtigkeit ist, die Kenntniß der Taxe im Publikum zu verbreiten, um die
Frankirung möglichst zu fördern, so sind die Postanstalten angewiesen worden, derartige schriftliche Anträge
der Korrespondenten entgegen zu nehmen und an die vorgesetzte Ober-Postdirektion einzureichen. Bei Aus-
händigung der Portotoxe werden außer den Druckkosten für die Portotaxe von 11 1/2 Sgr. per Exemplar die