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fehlt es an jedem Anhalt. Ein solcher Elnwand ist vom Verklagten nicht erhoben, namentlich weder
behauptet, noch ersichtlich, daß die Aufnahme in die Heilanstalt von der Pollzeibehorde veranlaßt
worden ist. Die Begründung des ersten Richters ist daher eine verfehlte. Die von ihm allegirten
Präjudikate (Entsch. I. S. 24, II. S. 30) betreffen Fälle, die von dem vorliegenden völlig ver-
schieden sing.
Gleichwohl erscheint der klägeriche Anspruch nicht gerechtfertigt. O. hat sich unstreitig vom
5. Januar 1870 bls zu seiner Erkrankung, mit Ausnahme der Zeit vom 22. Juli 1870 bis zum
1. April 1871, während welcher er in Folge der Mobllmachung zum Milittär eingezogen war, in
Spandau aufgehalten. Wie die in den Akten des Klägers enthaltene Bescheinigung des Einwohner-
Meldeamts zu Spandau ergiebt, war er vom 5. Januar bis 27. Februar 1870 ab Besuch bei W.,
sodann vom 28. Februar 1870 ab in Schlafstelle gemeldet. „Vom letzgedachten Tage ab muß sein
Aufenthalt als ein polzeilich gemeldeter in Sinne des §. 8 des früheren Heimathgesetzes angesehen
werden. Einer ausdrücklichen Erklärung der Absicht der Niederlassung bedurfte es nicht, es genügte,
wenn diese Absicht aus der Meldung erhellte. Hatte sich aber O. zuerst zu einem vorübergehenden
Besuch, dann aber ohne Bestimmung jeder Zeitgrenze in Schlafstelle gemeldet, so war der Wille,
den dauernden Aufenthalt zu nehmen, genügend kundgethan; von einer bloßen Fremdenmeldung
konnte bei der zweiten Meldung nicht die Rede sein.
Wie aber O. hiernach am 28. Februar 1870 den polizeilich gemeldeten Wohnsitz in Spandau
aufgeschlagen hat, so hat er denselben auch ein Jahr lang fortgesetzt und deshalb am 28. Februar
nach Art. 1 des Zusatzgesetzes vom 21. Mai 1855 das Hülfsdomizil in Spandau erworben.
Die in der Zwischenzeit erfolgte Einziehung zum Militär hinderte nicht die Fortsetzung des einmal
ergriffenen Wohnsitzes. Die Einziehung zur Fahne dokumentirte nicht den Willen, den Wohnsitz in
Spandau - und diesen Ort dauernd zu verlassen; vielmehr erweist der Umstand, daß D.
nach seiner Entlassung vom Militär wleder nach Spandau und in seine früheren Verhältnisse zurück
kehrte, überzeugend seine Absicht, den Wohnsitz in Spandau auch während er der Fahne folgte, bel-
zubehalten. Das Bundesamt hat diesen auf der Unterscheidung des Wohnsitzes vom bloßen Aufenthalt
im Sinne der früheren Gesetzgebung beruhenden Grundsatz bereits in dem Erkenntniß vom 17. De-
zember 1872 (Entsch. II. S. 130) ausgesprochen.
Hiernach rechtfertigte es sich, das erste Erkenntniß unter Belastung des Klägers mit den Kosten
zu bestätigen
6. Konsulat- Wesen.
Seine Majestät der Kaiser und König haben im Namen des Deutschen Reichs den bisherigen Vize-
Konsul Heinrich Friedrich Willibald Richard Bartels in Jassy zum Konsul des Deutschen Relchs in
Helsingfors zu ernennen geruht.
Dem Kaufmann Karl Fastenau in Leer ist Namens des Deutschen Reichs das Exequatur als
Königlich belgischer Konsul daselbst ertheilt worden.
7. Druckfehler-Berichtigung.
1. In der Uebersicht der Cholera- Epidemie in Bayern (Nr. 4 des Central-Blattes) beruht die mit 53 an-
gegebene Zahl der in der Stadt Augsburg im Ganzen Gestorbenen (Seite 40 a. a. D.) auf einem Schreibfehler
und muß 13 heißen. Die Gesammtzahl der Gestorbenen ist in folge dessen nicht 2191, sondern 2151.
2. In der Bekanntmachung vom 26. Januar d. Js. (Seite 71 des Central-Blattes) müssen die ersten
Worte nicht lauten: „Von Schülern“, sondern: „Den Schülern“.
Berlin, Carl Heymann's Verlag: Inhaber: Otto Loewenstein. — Druck von F. Hoffschläger in Berlin.