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5. HSeimath= Wesen.
Far die Beurtheilung der Frage, ob der Armenverband des Aufenthaltortes speziell des Dienstortes sich
der ihm obliegenden Fürsorge widerrechtlich entzogen hat, ist nach einer Entscheidung des Bundes-Amtes vom
13. Mai 1876 in Sachen Buchholz contra Oldenstadt, ohne Erheblichkeit, wenn der Hülfsbedürftige auf eigenen
Wunsch nach einem anderen Orte befördert worden ist. Die Gründe des Erkenntnisses lauten im Aus-
zuge:
Dem ersten Richter muß darin vollständig beigetreten werden, daß der verklagte Armen-
verband des Dienstortes sich der ihm nach §F. 29 des Reichsgesetzes vom 6. Juni 1870 oblie-
genden Fürsorge für den in Buchholz hülfsbedürftig gewordenen K. ohne ausreichenden Grund
entzogen hat, und deshalb zum Ersatze der in der Zeit vom 2. Juni bis 11. Juli 1875 vom
Kläger aufgewendeten Kur= und Verpflegungskosten verpflichtet ist.
Das von dem Kreisphysikus zu Oldenstadt abgegebene Gutachten (Klaganl. III.) stellt
die Hülfsbedürftigkeit des 2c. K. zur Zeit seiner Ankunft in Oldenstadt (2. Juni 1875) und
folgeweise auch zur Zeit seiner an demselben Tage erfolgten Entfernung aus Buchholz außer
Zweifel, insofern K. durch einen Schlaganfall gelähmt, arbeitsunfähig und fast ganz der Sprache
beraubt, nach Inhalt des Gutachtens nothwendig ärztlicher Behandlung und Krankenpflege be-
durfte, welche ihm wegen seiner unbestrittenen Mittellosigkeit im Wege der Armenpflege zu theil
werden mußte. Dieser Zustand des 2c. K., welcher sich augenscheinlich nicht erst auf der Reise
nach Oldenstadt ausgebildet hat, sondern bereits in Buchholz bestand, war auch dem Vorstande
des verklagten Armenverbandes nicht unbekannt geblieben; denn K. stand im Dienste des Ge-
meindevorstehers und wurde von demselben eben deshalb entlassen, auch mit Reisegeld versehen,
um in Oldenstadt die nöthige Pflege zu finden. Ob es der eigene Wunsch des Kranken war,
nach Oldenstadt befördert zu werden, ob er transportfähig war, oder nicht, ist gleichgültig. Der
Verbindlichkeit zu vorläufiger Fürsorge wird der Armenverband, in dessen Bezirk die Hilfsbedürf-
tigkeit eintritt, nicht etwa dadurch enthoben, daß der Hülfsbedürftige nach einem anderen Orte
gebracht zu sein wünscht und die Reise ohne Gefahr unternehmen kann. Die gesetzliche Pflicht
zu vorläufiger Fürsorge ist durch 8. 28 des Reichsgesetzes vom 6. Juni 1870 gerade deshalb
dem Armenverbande des Aufenthaltsortes auferlegt, um die Weiterbeförderung (Abschiebung) des
Hülfsbedürftigen zu verhüten, und es dauert diese Verpflichtung so lange fort, bis im Falle nicht
vorübergehender Hülfsbedürftigkeit die Uebernahme durch den definitiv verpflichteten Armenver-
band geregelt ist, oder bis das Unterstützungsbedürfniß erlischt, ohne daß dem Wunsche des
Hülfsbedürftigen eine Bedeutung gesetzlich zukommt. In demselben Verhältniß wie jeder zu vor-
läufiger Fürsorge verpflichtete Armenverband steht auch der Armenverband des Dienstortes, in
dessen Bezirk das Unterstützungsbedürfniß hervortritt. Verklagter hat daher der ihm obliegenden
Fürsorge sich widerrechtlich entzogen, selbst wenn K. ausdrücklich verlangte, nach Oldenstadt be-
fördert zu werden. Ebensowenig kann darauf Gewicht gelegt werden, daß der Gemeindevorsteher
nicht in dieser seiner amtlichen Eigenschaft, sondern als Dienstherr für die Entfernung des
2c. K. aus BMchholz Sorge getragen haben will. Denn die Hülfsbedürftigkeit des Letzteren war
offenbar auch zur amtlichen Kenntniß des Vorstehers gelangt, wenn er als Dienstherr dieselbe
vor Augen hatte. Ließ der Armenverband in der Person seines Vorstehers gleichwohl dem hiif-
losen Unglücklichen keine Armenpflege angedeihen, so genügt dieses passive Verhalten zu der Fest-
stellung, daß er sich der Fürsorgepflicht ohne Grund entzogen hat, mag auch die Weiterbeförde-
rung de Kranken von dem Vorsteher als Privatperson und aus Privatmitteln bewerkstelligt
worden sein.