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5. Heimath-Wesen.
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Grenzen der Zuständigkeit des Bundesamts für das Heimathwesen zur Entscheidung über die Grund-
sätze, nach welchen die Kosten aufzuerlegen und festzusetzen sind.
Irn einer zwischen dem Ortsarmenverband Stolp als Kläger und dem Gutsarmenverband Bartin als Ver-
klagten anhängig gewesenen Streitsache sind durch Erkenntniß des Bundesamts für das Heimathwesen dem
Kläger die Kosten erster Instanz und die baaren Auslagen beider Instanzen zur Last gelegt. Der Verklagte
hat die Festsetzung der letzteren bei dem Verwaltungsgericht beantragt, aber gegen dessen Festsetzungsdekret an
das Bundesamt Berufung eingelegt, weil die dem Kläger zur Last gelegten Auslagen zweiter Instanz nicht
pro liquidato auf 60 Mark 20 Pfennig, sondern nur auf 21 Mark 23 Pfennig festgesetzt worden sind. Er
berief sich darauf, daß es sich hier nicht nur um die nach §. 56 des preußischen Ausführungsgesetzes vom
8. März 1871 von dem Gerichte erster Instanz endgültig zu bewirkende Festsetzung der Auslagen in quanto,
sondern um die Grundsätze handle, nach welchen bei Festsetzung und Auferlegung der Kosten in Gemäßheit
ganz bestimmter Gesetzesvorschriften zu verfahren sei. Das Verwaltungsgericht hat hierauf nach eingezogener
Gegenerklärung des Klägers die Verhandlungen an das Bundesamt zur Entscheidung eingereicht. Dasselbe
hat aber die eingelegte Berufung für nicht statthaft erachtet.
Es führte zur Rechtfertigung der zurückweisenden Verfügung Folgendes aus:
Allerdings hat das Bundesamt wiederholt ausgesprochen, daß bezüglich der Grundsätze,
nach welchen Kosten, Auslagen und Gebühren den Parteien aufzuerlegen sind, den letzteren die
Berufung an das Bundesamt durch den §. 56 des preußischen Ausführungsgesetzes nicht ver-
schlossen sei. Allein dabei ist immer vorausgesetzt, daß das Bundesamt mit der Entscheidung
hierüber in einer Streitsache befaßt werde, welche nach der Bestimmung des Reichsgesetzes vom
6. Juni 1870 zu seiner Kompetenz gehört. Dies sind aber nach §. 37 dieses Gesetzes nur
solche Streitigkeiten zwischen verschiedenen Armenverbänden, in welchen es sich um die öffent-
liche Unterstützung Hülfsbedürftiger handelt. Es gehört also zur Begründung seiner
Kompetenz, daß hierüber unter den Parteien noch Streit bestehe, oder wenigstens der erste
Richter durch die Klage mit der Entscheidung über die öffentliche Unterstützung eines Hülfsbedürf-
tigen, oder wenn die Hauptsache etwa ihre Erledigung bereits gefunden hätte, doch mit der Ent-
scheidung über die durch den Armenpflegefall entstandenen Kosten als ein streitig gebliebenes
accessorium der Hauptsache, befaßt gewesen sei.
Unter diesen Voraussetzungen würde das Bundesamt sich allerdings für kompetent
erachten müssen, selbst über eine Berufung zu erkennen, welche allein wegen des Kostenpunktes
ergriffen wäre, sofern es sich nicht lediglich um die Festsetzung der Kosten und Auslagen in quanto
handelt, denn mit dieser und der sich aus §. 41 des Reichsgesetzes vom 6. Juni 1870 ergebenden
Ausnahme unterliegen die in einem solchen Streitverfahren ergehenden Entscheidungen ihrem
ganzen Umfange nach zufolge der Bestimmung desselben Paragraphen, des §. 52 desselben Gesetzes
und des §. 57 des bezogenen preußischen Ausführungsgesetzes, der Berufung an das Bundesamt.
Nachdem aber über die Hauptsache und die Kosten einmal rechtskräftig entschieden worden und
damit der durch die erhobene Klage anhängig gewordene Streit über die öffentliche Armenpflege
in jeder Richtung seine endgültige Erledigung gefunden hat, also nur noch der Vollzug der
rechtskräftigen Entscheidung in Frage steht, kann das Bundesamt mit der Entscheidung
der hierbei sich erhebenden Streitfragen, auch soweit sie die bezüglich des Kostenersatzes anzuwen-
den Grundsätze betreffen, durch Berufung gegen erstrichterliche Verfügungen nicht weiter befaßt
werden. Denn das Reichsgesetz hat demselben eine Einwirkung auf den Vollzug der getroffenen
Entscheidung, abgesehen von der sich aus dem §. 56 desselben ergebenden Ausnahme, in den
§5. 53 und 59 nicht übertragen.