— 321 —
dieselbe überhaupt die formularmäßigen Fragen, welche an einen anscheinend Hülfsbedürftigen
über seine Mittel, die Möglichkeit der Kostenzahlung und die Aufenthaltsverhältnisse gerichtet zu
werden pflegen, völlig unbeantwortet läßt. Eine Ergänzung hat der Magistrat zu Spandau,
dem die Verhandlung vorgelegt wurde, nicht angeordnet, und auch nach der Entlassung des ect. K.
am 1. Juli 1876 nur diesen selbst zur Zahlung der Kurkosten aufgefordert. Erst als K.
Zahlung verweigerte und Ansprüche auf rückständiges Gehalt erhob, wurde in einem vom
28. August 1876 datirten Schreiben dem Armenverbande Wittenberg der Ersatzanspruch ange-
meldet und nach der Ablehnung desselben zur Ermittelung der Aufenthaltsverhältnisse des K.
und seines Hülfsdomizils geschritten. Diese Behandlung der Angelegenheit, wie sie sich aus den
vom Kläger vorgelegten Verwaltungsakten ergiebt, läßt im Zusammenhange damit, daß K. bei
der Aufnahme in die Krankenanstalt noch im städtischen Dienste stand, nur den Schluß zu, daß
der Magistrat zu Spandau von vornherein und während der ganzen Dauer der Verpflegung
nicht daran gedacht hat, dem Kranken Armenpflege zu gewähren. Allem Anscheine nach ist K.
für eigene Rechnung im Krankenhause verpflegt worden, und erst, nachdem es sich als unthunlich
herausgestellt hatte, die kreditirten Kurkosten von dem Verpflegten beizuziehen, wurden dieselben
als Armenpflegekosten behandelt. Das ist im Anschlusse an eine von dem Bundesamte früher
gefällte Entscheidung (Wohlers Entsch. V. p. 47) als unzulässig zu bezeichnen. Nur wenn
Krankenpflege einem Hülfsbedürftigen als solchem gewährt ist, steht dem unterstützenden Armen-
verbande ein Ersatzanspruch aus §5. 30 des Reichsgesetzes vom 6. Juni 1870 zu, ohne daß es
freilich darauf ankommt, ob der Hülfsbedürftige sich etwa irrthümlich für zahlungsfähig ausge-
geben hat (efr. Wohlers Entsch. VI. p. 30), wenn er nur in Wirklichkeit hülfsbedürftig war,
und als Hülfsbedürftiger verpflegt wurde.
Aus diesen Gründen war, ohne daß es weiterer Beweiserhebung bedurfte, das erste Er-
kenntniß auf Kosten des Klägers und Appellanten zu bestätigen.
7. Marine und Schiffahrt.
Der im Jahre 1851 in Newhaven erbaute, bisher unter britischer Flagge gefahrene Bark „Don Ricardo“
von 275,6/ britischen Register-Tons Ladungsfähigkeit hat durch den Uebergang in das ausschließliche Eigen-
thum des im Königreich Preußen staatsangehörigen Schiffskapitäns J. A. F. Raddatz das Recht zur Füh-
rung der deutschen Flagge erlangt. Dem bezeichneten Schiffe, für welches der Eigenthümer Stolpmünde zum
Heimathshafen gewählt hat, ist am 26. v. M. vom Kaiserlichen Konsulat zu Newcastle on Tyne ein Flaggen-
attest ertheilt worden. ·
Berlin, den 8. Juni 1877.
Der Reichskanzler.
In Vertretung:
Eck.