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2. Gerichtsvollzieher.
Ein Gerichtsvollzieher ist jedenfalls an dem Orte, wo der mit Ausübung der Gerichtsbarkeit be-
auftragte Konsul seinen Amtssitz hat, zu bestellen. Derselbe ist aus den Beamten des Konsulats oder aus
den sonst für den Gerichtsvollzieherdienst geeigneten Personen zu wählen.
Die Anstellung erfolgt unter Vorbehalt des Widerrufs. In gleicher Weise können, soweit dies er-
forderlich erscheint, in den Amtssitzen der übrigen zu dem Konsulargerichtsbezirke gehörigen Konsulate Gerichts-
vollzieher bestellt werden. Das Verzeichniß der Gerichtsvollzieher ist dem Reichskanzler einzureichen. Dem-
selben ist auch von jeder Veränderung in dem Verzeichnisse Anzeige zu machen.
Der Konsul ist befugt, nach seinem Ermessen in einzelnen Fällen die Verrichtungen des Zustellungs-
beamten oder des Vollstreckungsbeamten anderen Personen zu übertragen. Soweit es sich hierbei um Geschäfte
der Zwangsvollstreckung handelt, ist die Auswahl in erster Linie auf die Beamten der zum Gerichtsbezirke
gehörigen Konsulate zu richten.
Der durch §. 10 für Personen, welche nicht den Diensteid als Konsularbeamte abgelegt haben, vor-
geschriebene Eid ist dahin zu leisten:
„Ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, die Obliegenheiten eines
Gerichtsvollziehers getreulich zu erfüllen, so wahr mir Gott helfe."“
Um die Abnahme des Eides kann der mit der Ausübung der Gerichtsbarkeit beauftragte Konsul den
Vorsteher eines anderen zu seinem Gerichtsbezirke gehörigen Konsulats ersuchen. Der im §. 20 des Konsular-
gesetzes vom 8. November 1867 vorgesehenen besonderen Ermächtigung bedarf es in diesem Falle nicht. Das
über die Beeidigung ausgenommene Protokoll ist dem ersuchenden Konsul zu übersenden.
Der Konsul führt die Dienstaufsicht über die zur Wahrnehmung des Gerichtsvollzieherdienstes be-
rufenen Personen. Demselben liegt insbesondere ob, durch Erlaß von Geschäftsanweisungen für die ordnungs-
mäßige Ausführung der den Gerichtsvollziehern ertheilten Aufträge Sorge zu tragen. Der Konsul hat
darüber zu wachen, daß in den im Gerichtsverfassungsgesetz für das Deutsche Reich §. 156 bezeichneten Fällen
der Gerichtsvollzieher sich der Ausübung seines Amtes enthält.
Der Konsul hat den Personen, welche Verrichtungen der Gerichtsvollzieher auszuüben haben, zu ihrer
Legitimation eine mit dem Konsulatssiegel versehene Bestallungs-Urkunde einzuhändigen.
Zum 8§. 11.
Die Konsuln haben ein Verzeichniß der von ihnen zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft zugelassenen
Personen zu führen. Die Eintragungen, sowie die Löschungen in dem Verzeichnisse sind dem Reichskanzler
anzuzeigen. Ueber die Bedingungen der Zulassung derartiger Personen lassen sich bestimmte Vorschriften
nicht geben. Selbstverständlich wird nicht die für inländische Nechtsanwälte vorgeschriebene Befähigung ver-
langt werden können. Auch der Besitz der Reichsangehörigkeit ist nicht erforderlich. Wo geeignete Personen
mit juristischer Vorbildung nicht vorhanden sind, können die Konsuln unter Umständen auch aus anderen
Berufsklassen zuverlässige Personen, welche die nöthige Geschäftskenntniß besitzen, zur Ausübung der Rechts-
anwaltschaft zulassen. Eine Beeidigung der Rechtsanwälte findet nicht statt.
Zu den §s. 18, 20, 36, 43 Absatz 2.
Die Schreiben, mittelst welcher Akten dem Reichsgericht oder dem Ober-Reichsanwalt übersendet
werden, sind dem Reichskanzler zur Weiterbeförderung zu überreichen. In derselben Weise erfolgt die Rück-
sendung der Akten an den Konsul.
m 8. 21.
Soweit nach der Vorschrift des 8. 420 ver, Strafprozeßordnung vor Erhebung der Privatklage wegen
Beleidigungen nachgewiesen werden muß, daß die Sühne erfolglos versucht worden, ist für diesen Vergleichs-
versuch der Vorsteher des Konsulats, in dessen Bezirke der Beschuldigte wohnt, zuständig, ohne Unterschied,
ob er zur Ausübung der Gerichtsbarkeit befugt ist oder nicht.
Erscheint der Beschuldigte in dem zur Sühneverhandlung bestimmten Termine nicht, so wird an-
genommen, daß er sich auf die Sühneverhandlung nicht einlassen wolle.
Eine Bescheinigung über die Erfolglosigkeit der Sühneverhandlung kann nur ertheilt werden, wenn
der Antragsteller im Termin erschienen ist.
Kommt im Termin ein Vergleich zu Stande, so ist derselbe zu Protokoll festzustellen.
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