Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einundzwanzigster Jahrgang. 1905. (46)

312 Isien. (September 1.—Oktober 5.) 
1. September. (China.) Ein kaiserliches Edikt ersucht das 
Volk, den Boykott amerikanischer Waren aufzuheben, da die Ver- 
einigten Staaten die chinesischen Reisenden höflich aufzunehmen 
versprochen hätten. 
September. (Japan.) Unzufriedenheit mit dem Friedens- 
schluß. 
In Tokio, Yokohama und anderen Städten führt die Unzufrieden- 
heit mit dem Frieden zu Unruhen. Der Pöbel stürmt das Gebäude des 
Regierungsblattes „Kokumin“, das Ministerium des Innern und verbrennt 
ehn christliche Kirchen. Es kommt zu blutigen Zusammenstößen mit der 
Polizei so daß der Belagerungszustand verhängt wird. In Tokio werden 
die meisten Zeitungen unterdrückt, am 11. wieder freigegeben. Der Mi- 
nister des Innern tritt zurück. 
12. September. (Japan.) Das Panzerschiff „Mikasa“ sinkt 
infolge einer Explosion. Die Ursache ist unbekannt. 600 Mann 
werden getötet oder verwundet. — Mitte September werden Unter- 
schleife in der Marineverwaltung entdeckt. 
13. September. (Krieg.) Russische und japanische Bevoll- 
mächtigte treten bei Tschantufu zur Regelung des Waffenstillstandes 
zusammen. 
18. September. (China.) Mehrere mandschurische Häfen 
werden den Fremden geöffnet. 
September. (Britisch-Indien.) Nach Zeitungsnachrichten 
macht sich eine starke Bewegung der Hindus gegen die geplante 
administrative Teilung Bengalens geltend. Mehrere tausend Hindus 
verkünden einen Boykott der englischen Waren. 
September. (Persien.) Eine englische Kommission nimmt 
eine Regulierung der Grenze gegen Afghanistan vor. Die persische 
Presse ist unzufrieden mit dem Resultat. 
5. Oktober. (Japan.) In einer Versammlung der Handels- 
kammern erklärt Graf Okuma über die japanischen Finanzen: 
Nach der vollständigen Zurückziehung der japanischen Truppen werde 
die Schuld Japans sich auf 2500 Millionen Yen belaufen, deren Ver- 
zinsung die runde Summe von 150 Millionen erfordern werde, nahezu 
das Doppelte der Staatseinnahmen vor zehn Jahren. Der Steuerbetrag 
auf den Kopf der Bevölkerung sei vor dem Kriege vier Yen gewesen, jetzt 
betrage er zwölf Yen; die Nationalschuld habe vor dem Kriege zwölf Yen 
pro Kopf betragen, nach dem Kriege betrage sie fünfzig Yen. Indessen 
beurteile er die Lage nicht pessimistisch; er betone die Notwendigkeit, daß 
die Geschäftswelt ihre Tatkraft zur Entwickelung produktiver Unternehmen 
aller Art verdoppele. 
Andere Stimmen, u. a. der japanische Finanzdelegierte in London, 
sehen die Finanzlage günstiger an.
	        
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