350 Buch III. Abschnitt 10. Die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen.
3. Die Ansprüche aus einem und demselben Recht haben untereinander
folgende Rangordnung (RZwGes. 12).
a) Voraus geht der Anspruch auf Erstattung der Kosten der Kündigung
und der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung.
b) Dann folgen die Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen und andre
Nebenleistungen.
e) An letzter Stelle steht der Hauptanspruch.
Beispiele zu 1—3. I. Ein Haus kommt zur Versteigerung, auf dem zwei Hypotheken
von je 30 000 Mk., die erste zu 4, die zweite zu 5% verzinslich, ruhn; die Versteigerung
ist von einem persönlichen Gläubiger beantragt, dessen Forderung auf 10 000 Mk. mit 6%
Zinsen geht; sämtliche Zinsen sind für 4 Jahre rückständig; dazu kommen die dem Antrag-
steller entstandenen Kosten mit 100 Mk., ferner „laufende“ Zinsen zugunsten der beiden Hypo-
thekengläubiger und des Antragstellers für ein halbes Jahr, endlich die Gebäudesteuer für
die gleiche Zeit mit 75 Mk. Hier ist die Rangordnung: 1. Gebäudesteuer 75 Mk.; 2. erste
Hypothek: a) Zinsen für 2½ Jahre 3000 Mk., b) Kapital 30000 Mk.; 3. zweite Hypothek:
a) Zinsen für 2½ Jahre 3750 Mk., b) Kapital 30000 Mk.; 4. Forderung des Antragstellers:
a) Kosten 100 Mk., b) Zinsen für 4½ Jahre 2700 Mk., c) Kapital 10000 Mk.; 5. a) ältere
Zinsrückstände der ersten Hypothek für 2 Jahre 2400 Mk., b) dgl. der zweiten Hypothek
3000 Mk. II. Dies Tableau ändert sich, wenn man annimmt, daß auch der zweite Hypotheken-
gläubiger die Zwangsversteigerung beantragt hat und zwar vor dem persönlichen Gläubiger
und mit 120 Mk. Kosten. Alsdann sind nämlich diese 120 Mk. vor Nr. 3 a und die älteren
Zinsrückstände der zweiten Hypothek vor Nr. 4a einzustellen.
4. Sämtliche Ansprüche der verschiedenen Rangklassen werden durch eine
Zäsur in zwei Hauptgruppen zerlegt (RZwes. 44 I). Die Zäsur kann am
Anfange oder auch in der Mitte einer der Klassen einsetzen.
a) Zur ersten Hauptgruppe gehören alle Ansprüche, die demjenigen An-
spruch vorgehn, wegen dessen die Zwangsversteigerung beantragt ist („Antrags-
anspruch"); ist die Versteigerung wegen mehrerer Ansprüche beantragt, so ist
maßgebend allein der Antragsanspruch ersten Ranges (s. aber RZw . 44 1).
b) Zur zweiten Hauptgruppe gehören der maßgebende Antragsanspruch
selbst und alle ihm folgenden Ansprüche.
Beispiel. In dem oben zu Nr. 1—3 genannten Fall I setzt die Zäsur vor Nr. 4, also-
vor der fünften Rangklasse ein; im Fall II liegt die Zäsur dagegen vor Nr. 3, also mitten
in der vierten Klasse.
5. Die vorstehende Rangordnung kann landesgesetzlich innerhalb gewisser Schranken
abgeändert werden (EG. RZwes. 2, 4). Beispiele: a) In Preußen, Bayern und andern
Staaten haben bei der Zwangsversteigerung eines Bergwerks die Ansprüche der Bergleute
und Betriebsbeamten den gleichen Vorrang wie bei der Zwangsversteigerung eines Landguts
die Ansprüche der Landarbeiter (AusfGes. RZwees. Pr. 17, Bayern 38). b) In Preußen
sind die zur dritten Rangklasse gehörigen öffentlichen Lasten ziemlich eingehend aufgezählt;
einzelne dieser Lasten sollen den Vorrang vor den andern haben, z. B. die Deichlasten vor
den Grundsteuern (Pr. AusfGes. RZwtes. 1—3). c) In Bayern ist bestimmt, daß bei der
Zwangsversteigerung eines Brauereigebäudes die Malzsteuer („Malzaufschlag“) als öffentliche
Last des Gebäudes gelten soll (Bayr. AusfGes. RZw Ges. 24).
V. Die rechtliche Bedeutung der Rangordnung zu IV ist die folgende.
1. a) Die Ansprüche der ersten Hauptgruppe werden gegen jede Benach-
teiligung durch die Zwangsversteigerung soweit wie irgend möglich geschützt.