Die Mundart. 23
die Meißner Mundart die übrigen zu beherrschen, ja eine
Seitlang auszuschließen gewußt hat, ist jedermann bekannt.
Wir haben viele Jahre unter diesem pedantischen Regiment
gelitten, und nur durch vielfachen Widerstreit haben sich die
sämtlichen Drovinzen in ihre alten Rechte wieder eingesetzt ().
Was ein junger lebhafter Tkensch unter diesem beständigen Hof-
meistern ausgestanden habe, wird derjenige leicht ermessen, der
bedenkt, daß nun mit der Aussprache, in deren Deränderung
man sich endlich wohl ergäbe, zugleich Denkweise, Sinbildungs-
kraft, Gefühl, vaterländischer Tharakter sollten aufgeopfert werden.
Und diese unerträgliche Forderung wurde von gebildeten Männern
und Frauen gemacht, deren Überzeugung ich mir nicht zueignen
konnte. Mir sollten die Anspielungen auf biblische Kernstellen
untersagt sein, sowie die Benutzung treuherziger Chronikenaus=
drücke. Hch sollte vergessen, daß ich den Geiler von Uaisers-
berg gelesen hatte, und des Gebrauchs der Sprichwörter ent-
behren, die doch statt vieles hin= und Herfackelns den Nagel
gleich auf den Kopf treffen; alles dies, was ich mir mit jugend-
licher Heftigkeit angeeignet, sollte ich missen, ich fühlte mich in
meinem Innern paralvysiert und wußte kaum mehr, wie ich
mich über die gemeinsten Dinge zu äußern hatte.“ (Aus meinem
Leben, Wahrheit und Dichtung, Band IV. der sechsbändigen
Cottaschen Ausgabe, S. 92.)
Der Derständlichkeit der sächsischen Mundart gibt ein sehr
vorteilhaftes Heusnis ein Franzose in dem zwar nicht unbedingt,
aber in vielen Stücken als Duelle für Kenntnis der damaligen
Gustände in den verschiedenen Teilen unfres Daterlandes brauch-
baren Werke: „Briefe eines reisenden Franzosen über Deutschland
an seinen Bruder in Daris“ (1786). Er sagt daselbst im &1. Briefe: