26 Die Frauen.
glaube ich in meinem Vaterlande zu sein. Die Sitten der
hiesigen Einwohner, ihre Cebensart, ihre Gebärden, Vergnü—
gungen, der Ton ihrer Gesellschaften, kurz alles versetzt mich
nach Haus. Ich wünsche nur, daß unsre Damen, Fräuleins
und Mädchen so schön und frisch wären als die hiesigen! Ich
erinnere mich, daß eine Osterreicherin, als einige Derren in
einer Gesellschaft den Sächsinnen eine große Lobrede hielten,
denselben zur Antwort gab: „Gebt uns nur so schöne und artige
Männer als die Sachsen sind und dann laßt uns für das
übrige sorgen! — Das hiesige Frauenzimmer hat nicht nur die
Kenntnisse, welche unmittelbar dazu beitragen, seine natürlichen
Reize zu erhöhen, sondern auch sehr viel allgemeine Weltkennt—
nis und, was noch viel mehr ist, schöne Sitten! — Hier gibt
es wahre Jdeale von Schönheiten! Schlank von Wuchs, frisch
von Fleisch und Farbe, rund von Unochen und lebhaft in Ge-
bärde hüpfen die 7Mädchen daher wie die jungen Rehe, um
mit Salomo zu sprechen, an den ich Dich überhaupt verweisen
will, denn ich bin wirklich nicht dazu aufgelegt, Dir ein dich-
terisches Gemälde davon zu geben, ob ich schon noch kein
Frauenzimmer gesehen habe, das mich so leicht zu einem hohen
Liede entzücken könnte als das hiesige.“
Machdem er bei einigen Landedelleuten in der Umgebung
von Leipzig zu Besuch gewesen ist, schreibt er von ihren Töch-
tern: „Sie sind die artigsten Geschöpfe von der Welt. Ihre
natürliche Smpfindsamkeit und Lebhaftigkeit nimmt in der
Stille des Landlebens gemeiniglich einen romantischen Schwung,
der in allen ihren Gebärden, Blicken und Reden sichtbar ist. —
Lessings Minna von Barnhelm, die Du ohne Sweifel kennst,
hat etwas von ihrer verliebten Schwärmerei; allein ihre