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linder unter dem Septer des ewigen Haffees dahinleben, außer Sonntags,
wo man gewöhnlich eine Landpartie unternimmt und ein vergnügtes Mahl
im Freien hält. In den Städten sind die Familienbande dermaßen ge-
lockert, daß nicht selten Herren in der Gesellschaft drei oder vier ihrer
früheren Frauen wiederfinden, die infolge häuslicher Umwälzungen zur
Thür Rinausgeworfen worden sind. Wenn es in der französischen Unter-
haltung einen stehenden Gegenstand gibt, so sind es diese Sittenbilder aus
Deutschland; aber wieviel falsche Urteile fällen wir immer noch über dieses
Land!“
Sodann fehlt den Leipzigern sogar die allereinfachste ge-
schäftliche Ehrlichkeit.
„Alle Erinnerungen daselbst, die Denkmäler, die Dolksfeste, alles nährt
den Haß gegen den Erbfeind! Wenn du nicht Deutsch kannst, sprich leise!
Drohend spitzt man die GOhren bei den wohllautenden Mlängen der gallischen
Gunge, und die laufleute ermangeln nicht, dich zu behandeln wie die
Mauren einen Thristen, sie geben dir nicht richtig wieder, sondern brand-
schatzen dich auch noch auf andre Weise, indem sie nämlich den Hreis ihrer
Waren verdoppeln. Studenten aus Genf und aus Lausanne sagten mir
in dieser Hinsicht: Wir wurden die erste Seit dergestalt bestohlen und aus-
geplündert, daß wir genötigt waren, beim Eintritt in ein Geschäft oder
eine Restauration zu erklären, daß wir, obgleich wir französisch sprechen,
doch Schweizer seien.“
Wie die alte Redlichkeit, so ist auch der Glanz der Messe
dahin. Tissot sieht auf derselben nur noch einige Derkäufer
unter großen roten Schirmen, barfüßige Kinder, welche Hunde-
wagen lenken, einige Bücklingsfrauen, Derkäufer von Wiener
Würstchen und — Sarghändler, welche Reklame machen, indem
sie mit den Fingern einen Trauermarsch auf dem leeren Kasten
trommeln.
„Ich habe“, sagt er, „einen Greis gesehen, welcher einen Knoten im
Ende seines Schnupftuchs aufband, drei Thaler in die Hand des Sarg-
händlers fallen ließ und mit seinem Sarge auf dem Rücken davonging.“