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gehalten und nie die Partei von sterreich genommen hätte,
gegen welches man hier, ungeachtet der Zedrängnisse, welche
der Hönig von Hreußen das Land fühlen ließ, noch einen
stärkeren und allgemeineren Groll hegt als gegen diesen, die
Derson des jetzigen Kaisers ausgenommen. Kurz, lieber Bruder,
es ist mir, als wäre ich mitten unter meinen Landsleuten, wo
die Teilnahme am Sustande des Daterlandes, an den öffent-
lichen Angelegenheiten und Vorfällen alle Gesellschaften beseelt.“5)
Im letzteren Hunkte fand Frau von Staöl, welche 50
Jahre später Sachsen bereiste, die Derhältnisse anders. Während
sie nämlich sonst ein höchst vorteilhaftes Zild vom Gustande
des sächsischen Staates entwirft, glaubt sie, den Sachsen voll-
ständigen Mangel an Teilnahme für das öffentliche Leben vor-
werfen zu müssen. Ihre Schilderung ist, wenn auch nicht
durchaus frei von Unrichtigkeiten, doch beachtenswert genug, um
hier wiedergegeben zu werden.
Sie schreibt:s8)
„Seit der Reformation haben die Fürsten des sächsischen Hauses der
Litteratur die edelste Art der Beschützung angedeihen lassen, nämlich die
Unabhängigkeit (was sie wiederholt hervorhebt, jedenfalls im Gegensatze
zu der scharfen Überwachung der Presse unter Kaiser Mapoleon I., welche
für sie erst die Beschlagnahme ihres Werkes über Deutschland und dann
ihre Landesverweisung zur Folge hatte). Man kann dreist behaupten, daß
es in keinem Lande der Welt so viel Bildung wie in Sachsen und Nord-
deutschland gibt. Hier ist der Hrotestantismus entstanden, und der Geist
der freien Forschung hat sich kraftvoll aufrecht erhalten.
„Die Kurfürsten- Mönige von Holen haben die Münste mehr als die
itteratur geliebt, welcher sie nicht hinderlich waren, welche ihnen aber
fremd war. Die Musik wird in Sachsen allgemein gepflegt; die Dresdener
Galerie vereinigt in sich Meisterwerke, un denen sich die Hünstler begeistern
müssen; aber die Gesellschaft bietet daselbst keinen Reiz (s. o.).