Full text: Volkstümliches aus dem Königreich Sachsen auf der Thomasschule gesammelt. Zweites Heft. (2)

106 Volkstümliches aus dem Nachlasse von Rudolf Hildebrand. 
Zusammenbruch malt. Das Ganze ist doch, wie oft solche 
echte Kinderlieder, zugleich ein kleines Kunstwerk. Und die 
Hauptsache der Ringelreihen, der Kinderkreis selbst ist 
auf einmal der Kessel, die Kleinsten fallen einfach nach hinten 
zum Sitzen, die Größeren helfen sich mit Niederkauern, der 
Spaß aber ist groß, für die Kleinsten größer als alles 
bisher Erlebte.“ 
Aber der Sinn? 
Mit spielender Leichtigkeit zeigt Hildebrand, wie bald 
dieser verloren geht. Ist er aber dahin, dann gerät er 
auf seltsame Abwege. Es gilt, die richtigen Fassungen auf- 
zufinden oder aus richtigen Brocken das Ganze wieder zu- 
sammenzusetzen. Nun heißt es in der Leipziger Pflege: 
Bauer, baue Kessel, 
Morgen wird es besser. 
Trägt die Braut das Wasser enein, 
Pauzl fällt der ganze Kessel ein. 
Also hier erscheint die junge Frau, die sich den eigenen 
Herd gründet, auf dem der Kessel ja das Hauptstück ist. 
„Aber das Einfallen des Kessels?! Daß die ganze 
Herrlichkeit so elend in die Brüche geht, wie sie eben fertig 
gefeiert werden soll?! Der Kessel so schlecht, daß er gleich 
das erste Wasser und das erste Kochen garnicht aushält? 
Unmöglich ursprünglich! Das ist so boshaft schadenfroh, daß 
man ruhig behaupten mag, das kann garnicht von den 
Kindern herrühren,“ wie ja der ganze Spruch über Kinder- 
gedanken hinausgeht. 
Es ist eine Entstellung durch gröberen Geschmack. 
Das Ursprüngliche hat sich erhalten in Trachenau bei Rötha: 
Bauer, baue Kessel, 
Morgen wird es besser, 
Ubermorgen tragen wir Wasser ein, 
Fällt eine weiße Taube nein.
	        
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