IV. Prüfidium. Art. 19. 389
trage mit Bayern eine entsprechende Erklärung nicht; vgl. v. Rönne 1
S. 388 A. 1.
Einen dem Art. 18 Abs. 2 entsprechenden Vorbehalt enthält Art. 2 der
Zusatz-Konvention v. 11. Dez. 1871 zu dem Frankfurter Friedensvertrage
v. 10. Mai 1871 R. G. Bl. 1872 S. 9 für die aus dem franzöfischen Civil-,
Militär- und Marinedienst übernommenen Elsaß-Lothringer.
Nach den genannten Reichsgerichts-Entscheidungen Cs. Bd. 2 S. 101,
108 bezieht sich Art. 18 Abs. 2 ebensowenig wie die Bestimmung des Abs. 1
auf die mittelbaren Reichsbeamten und deshalb gilt für diese Beamten
nicht der in den Verträgen mit Baden, Hefsen und Württemberg gegebene
Vorbehalt; dieses Ergebnis ist, wie das Reichsgericht bemerkt, dadurch inner-
lich gerechtfertigt, daß die mittelbaren Reichsbeamten ihren heimatlichen
Dienstverband überhaupt nicht auflösen und deshalb einer Sicherung ihrer
wohlerworbenen Rechte dem Reiche gegenüber nicht bedürfen.
Für Pensionen kommt die Bestimmung des Art. 18 Abs. 2 nicht mehr
in Betracht, da hierüber 8 70 des Reichsbeamtengesetzes erschöpfende Be-
stimmungen enthält; val. Reichsgericht III Cs. Bd. 1 S. 309.
Da Art. 18 Abs. 2 nur von erworbenen Rechten spricht, bleiben bloße
Aussichten und Chancen außer Betracht.
Artikel 19.
Wenn Bundesglieder ihre verfassungsmäßigen Bundespflichten nicht
erfüllen, können sie dazu im Wege der Exekution angehalten werden.
Diese Exekution ist vom Bundesrate zu beschließen und vom Kaiser zu
vollstrecken.
I. Vorbemerkung.
II. Die Nichterfüllung verfassungsmäßiger Bundespflichten.
III. Die Exekution ist gegen den Staat als solchen gerichtet.
IV. Die Erekution ist vom Bundesrat zu beschließen.
V. Die Ausführung der Exekution.
I. Vorbemerkung.
Dem Art. 19 kommt in der Verfassung insofern eine exzeptionelle
Stellung zu, als man von dieser Bestimmung sagen kann, daß sie von
Hause aus nicht auf praktische Anwendung berechnet war, bisher nicht prak-
tisch geworden ist und voraussichtlich auch nicht praktisch werden wird;
wohl mit Rücksicht darauf hat Art. 19 nicht die Ausführungsvorschriften
erhalten, die zum praktischen Gebrauch notwendig wären. Die staatsrechtliche
und politische Bedeutung der Bestimmung liegt darin, daß sie überhaupt
vorhanden ist, daß fie wenigstens auf dem Papier steht. Die Bundes-
staaten haben, indem sie eine solche Möglichkeit auf sich nahmen, Zeugnis
dafür abgelegt, daß sie die Reichsgewalt anerkennen, soweit die Reichs-
kompetenz sich erstreckt. Für geordnete Staatswesen mit einer Pflichten
auferlegenden Tradition und einer verantwortlichen Regierung spielen extreme
Strafandrohungen nicht dieselbe Rolle wie für Individuen. Zwangemittel,
wie sie Art. 19 vorfieht, würden mit einer gewaltigen Erschütterung des
Staatswesens, gegen das fie gerichtet find, einhergehen, und es ist anzu-