Full text: Die Verfassung des Deutschen Reichs mit Erläuterungen.

VIII. Post- und Telegraphenwesen. Art. 50. 551 
Kompetenz des Kaisers so umfassend wie möglich festgestellt werden. Es 
handelt sich hier — im Gegensatz zu der Bestimmung des Abs. 1 — nicht 
nur um die Abgrenzung der Kompetenz des Kaisers von der des Bundes- 
rats, sondern vorzugsweise um die Ausschließung der Gesetzgebung, also 
um die Ausschließung der Mitwirkung der Volksvertretung. Zur Ergänzung 
des Art. 50 Abs. 2 find durch § 50 des Postgesetzes die Gebiete des Post- 
wesens, die im Wege des Reglements geregelt werden sollen, näher bezeichnet. 
In dieser Bestimmung ist nicht der Kaiser, sondern der Reichskanzler als 
das zum Erlaß der Verordnungen befugte Organ genannt; darin liegt keine 
materielle Anderung der Verfassung. Für gewisse Verordnungen ist dem 
Bundesrat die Kompetenz vorbehalten. Für den inneren Postverkehr von 
Bayern und Württemberg werden die reglementären Anordnungen von den 
zuständigen Behörden dieser Staaten erlassen. Beschränkt ist die Reichs- 
verwaltung im übrigen nur, soweit sie für die Bewilligung von Ausgaben 
der Zustimmung des Reichstags bedarf. 
Ferner steht dem Kaiser die ausschließliche Wahrnehmung der Be- 
ziehungen zu anderen Post= und Telegraphenverwaltungen zu. Damit ist 
die Kompetenz des Bundesrats ausgeschlossen, die sonst für die mit Bayern 
und Württemberg abzuschließenden Verträge in Betracht kommen könnte, 
weil Verträge mit diesen Staaten nicht unter Art. 11 Abs. 1 R.V. fallen. 
Dagegen ist die Kompetenz des Bundesrats eventuell begründet, wenn es sich 
nicht um vertragsmäßige Regelungen der gegenseitigen Beziehungen, sondern 
um eine übereinstimmende Regelung im Wege der Verordnung handelt, für 
die der Bundesrat, wenn noch andere Materien als die Post und Telegraphie 
beteiligt find, gemäß Art. 7 Ziff. 2 R.V. zuständig sein kann. Insbesondere 
ist für Verträge dieser Art die Mitwirkung des Reichstags ausgeschlossen, 
von dessen Genehmigung, wenn die Regel des Art. 11 Abs. 8 nicht durch 
diese Sondervorschrift beseitigt wäre, die Gültigkeit der Verträge abhängig 
gemacht werden müßte; vgl. Arndt Kommentar S. 281, anderer Ansicht 
ist v. Seydel S. 292 f., der nicht anerkennt, daß die generelle Bestimmung 
des Art. 11 Abs. 3 durch die Spezialvorschrift des Art. 50 modifiziert ist. 
Das Interesse der Volksvertretung wird genügend dadurch gewahrt, daß der 
Reichstag, wenn durch Verträge solcher Art der Etat belastet wird, in der 
Lage ist, die erforderlichen Ausgaben abzulehnen, und hierdurch rechtfertigt 
es sich, wenn Post= und Telegraphenverträge, die den Etat berühren, dem 
Reichstag bald zur Genehmigung vorgelegt werden, da virtuell in solchen 
Fragen seine Zustimmung nicht zu umgehen ist. In diesem Sinne ist es 
zu verstehen, daß in der Sitzung des konst. Reichstag v. 2. April 1867 
St. B. 519 gegenüber einem Antrag, daß im Hinblick auf die von der Post- 
verwaltung abzuschließenden Verträge ein Hinweis auf Art. 11 in den 
Art. 50 eingefügt werden sollte, der preuß. Staatsminister Graf Itzenplitz 
äußerte, es könne nicht angenommen werden, daß die Post sämtliche Verträge 
mit auswärtigen Staaten dem Reichstag zur Genehmigung vorlege, es sei 
denn, daß „zu solchen Verträgen Geld gegeben werden müßte“; dann aber 
verstehe es sich von selbst. 
III. Die Anstellung der Post= und Telegraphenbeamten. 
Die Vorschriften des Abs. 3—5 haben den größten Teil ihrer praktischen 
Bedeutung verloren. Denn selbständige Postverwaltungen im Sinne des Abs. 5
	        
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