Die Volkstribunen. 105
Konsuls über die Fütterung mißverstanden) gerufen haben:
„Wenn sie nicht fressen wollen, so mögen sie saufen!“ und
warf sie über Bord. Er verlor aber auch die Schlacht.
Um so besser wußte nun das römische Volk, von welchem
Nutzen die Religion für den Staat sei, und wählte gern seine
Obmänner aus den Familien, die von den Göttern stammten
oder sich doch mit den Göttern in einen wunderbaren Rapport
zu setzen verstanden und von ihnen die Zukunft erfuhren,
und gehorchte ihnen.
Imperium und Augurium, wie Cicero es ausdrückt,
oder wie wir heute sagen, die Blauschwarzen regierten das
römische Volk, und wenn es hierbei geblieben wäre, so
hätte, obgleich das Volk die Magistrate wählte, die Demo-
kratie in Rom wenig zu bedeuten gehabt. In langen
Kämpfen schuf sie sich deshalb neben der staatlichen Wahl-
und Abstimmungsorganisation, den Centuriat- Komitien, eine
eigene Organisation der Plebs in den Tribut- Komitien, mit
den Volkstribunen an der Spitze. Diese haben aber ur-
sprünglich keine obrigkeitlichen Befugnisse, sondern nur Be-
fugnisse etwa vergleichbar einer modernen Volksvertretung;
ihnen gegenüber steht die Magistratur, die die Staatshoheit
als solche repräsentiert. Das tun die Volkstribunen nicht.
Die Doppeltheit des römischen Staates prägt sich vortreff-
lich aus in der bekannten Formel, ich möchte sie die Staats-
formel nennen, „Senatus Populusque Romanus“. Was
ist der Senat? Der Senat ist in der ältesten Zeit die Ver-
einigung der Patrizier. Er wird jetzt zur Vereinigung aller
hohen Beamten. Alle, die einmal Konsul, Prätor, Aedil
gewesen sind, die bilden zusammen den Senat. Also wenn
wir einen Senat heute in unseren Verhältnissen in Preußen
bilden wollten, so wären es nicht die Mitglieder des Ab-
geordnetenhauses, nicht die des Herrenhauses, sondern ein
Die Volks-
tribunen.