Die Wahl-Maschinerie in Rom. 107
König von Preußen verordnen mit Zustimmung beider
Häuser des Landtags.“ Der Dualismus der römischen
Verfassung bringt es mit sich, daß die inneren Kämpfe
niemals aufhören. Immer wieder suchen die Volkstribunen
ihre Macht zu erweitern und bei den Wahlen auch ihre
Freunde ins Konsulat zu bringen. Die Nobilität wehrt
sich dagegen vermöge ihres Ansehens, ihres Reichtums und
ihrer Klientel meist mit Erfolg. Unter dieser Verfassung
ist Rom nicht nur groß geworden, sondern hat es die Welt
erobert. Die Verfassung funktionierte trotz der dauernden
inneren Spannung und der ewigen Streitigkeiten sogar
sehr gut, so lange der Kanton Rom klein war. Wie nun
aber Rom wächst, allmählich über ganz Italien hinaus,
wächst auch die römische Bürgerschaft, und zwar wächst sie
ganz besonders schnell, weil in diesem Punkt, vielleicht dem
einzigen, der römische Senat außerordentlich liberal ist,
nämlich in der Erteilung des Bürgerrechts. Die athenische
Demokratie war darin sehr kleinlich und wünschte nicht,
daß andere Griechen, die in Athen einwanderten, gleich
das athenische Bürgerrecht bekämen. Aber in Rom ent-
scheidet als höchste Verwaltungsbehörde der Senat, und
dem ist es gerade recht, daß er ganze Gemeinden und
ganze Stämme schließlich in das römische Bürgerrecht
aufnehmen kann. Denn je größer die Masse der Bürger
wird, desto leichter ist sie zu manipulieren, desto leichter
sind die Wahlabstimmungen zu machen. Wie können
denn überhaupt all die Bürger, vielleicht 270 000, auf
dem Marsfeld zusammenkommen und abstimmen? Das Abstimmungs-
ist der reine Spott, wo doch der größte Teil der Bürger- Modus in Rom.
schaft weit ab, bis ans Adriatische Meer, bis an den
Po, wohnt. Was ist überhaupt diese Abstimmung für
die Bürger, die mehr als einen Tagemarsch weit von Rom
Delbrück, Regierung und Volkswille. 8