Full text: Regierung und Volkswille.

158 Polen-Frage. 
daß die Weltgeschichte, oder, wie die Polen es ausdrücken, 
„wenn es Gottes Wille ist“, einmal die Möglichkeit der 
Herstellung eines polnischen Nationalstaates zeigt, so werden 
sie das als ein höheres Gesetz ansehen und sich diesem 
Staate zuwenden. Wie soll man sich mit einem solchen 
Teil des Volkes abfinden? Entschlossene meinen, man 
müßte sie germanisieren. Das wurde denn auch vor 27 Jahren 
in Angriff genommen. Wir haben ja die Volksschule, den 
deutschen Schulmeister. Vom sechsten Jahre an lernen die 
polnischen Kinder das Deutsche, und was sie in der Schule 
gelernt haben, wird vollendet in der Armee; die polnischen 
Rekruten werden unter die deutschen Regimenter verteilt. 
Die ganze Verwaltung ist deutsch, die Amtssprache deutsch, alle 
höheren Beamten deutsch. Außerdem sind ungeheure Mittel 
aufgewendet, polnischen Grundbesitz aufzukaufen und statt 
dessen deutsche Bauern anzusiedeln. Wenn man das so 
hört, möchte man sagen: Ja, das muß ja wohl auf die 
Dauer helfen, um so mehr, als ja die Polen auf vier ver- 
schiedene Provinzen verteilt sind; wir haben 1,2 Million 
in Oberschlesien, in Posen ungefähr 1½ Millionen, ½ Million 
in West-, und ½ Million in Ostpreußen, immer gemischt 
mit Deutschen; wir haben nirgends großes, geschlossenes polni- 
sches Gebiet, auch nicht einmal einen einzigen rein polnischen 
Kreis. Wenn nun dies ohnehin gemischte Gebiet noch 
mehr mit Deutschtum überzogen und ein kräftiges, deutsches 
Bauerntum, wenn auch mit großen Opfern, hineingesetzt 
wird, so sollte man meinen, daß der Erfolg auf die Dauer 
nicht fehlen könne. Nun, wenn Sie heute mit jemand 
darüber sprechen, der einigermaßen unbefangen ist, und dort 
die Verhältnisse kennt, so sagt er Ihnen: „In den 25 Jahren 
ist kein Fortschritt gemacht worden. Im Gegenteil.“ Zwar 
sucht die amtliche Statistik hier und da ein paar tausend
	        
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