Full text: Regierung und Volkswille.

174 Polen und Katholiken. 
ist ein Punkt, den auch Bismarck in seinen Reden immer 
wieder betont hat und weshalb er die Kolonisation in Posen 
eigentlich nicht gewollt, sondern ihr nur mit innerem Wider- 
streben zugestimmt hat. Der vierte polnische Stand ist 
der erst in unseren Tagen aufgeblühte und gerade ver- 
möge unserer falschen Politik zur Entfaltung gebrachte 
bürgerliche Mittelstand, und dieser bildet den wirklich unver- 
söhnlichen Teil des polnischen Volkstums. Er lebt davon, 
daß er den deutschen Bürger aus der Provinz verdrängt. 
Ihn zu gewinnen, wird wohl für alle Zeiten aussichts- 
los sein. 
Auch die versöhnten Polen bleiben natürlich in der Idee, 
wie wir es ausgedrückt haben, „Preußen auf Kündigung“. 
Das ist nicht zu ändern, da sie einmal keine Deutschen sind, 
und es kein Mittel gibt, sie zu Deutschen zu machen. Es 
kommt nur darauf an, eine Politik zu verfolgen, die die 
ideell mögliche Kündigung niemals zu einer faktischen werden 
läßt. Alle Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß es so kommen 
wird. Auch im Kulturkampf wurden wir immer wieder 
darauf hingewiesen, daß unsere katholischen Mitbürger keine 
zuverlässigen Staatsbürger seien, da ja nach ihrem Dogma 
der Papst sie in jedem Augenblick vom Eide der Treue 
entbinden könne. Das ist ideell vollkommen richtig; das 
Dogma besteht. Aber die Wahrscheinlichkeit, daß der Papst 
jemals von der Befugnis bei uns Gebrauch machen werde, 
ist so gering, daß kaum jemand überhaupt noch daran denkt, 
und die einst auf Grund ihrer kirchlichen Anschauungen als 
„Reichsfeinde“ verfolgten Anhänger des Zentrums stehen 
heute im Zentrum der gouvernementalen Parteien geschart 
um die Regierung. 
Die hakatistische Politik hat dem Deutschtum in Posen 
schwere Wunden geschlagen; sie hat es numerisch geschwächt
	        
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