Vorteil einer
Parteiregierung.
184 Gesamtleistung des Beamtentums.
sondern diese säßen in der Kanzlei des Staatskanzlers. Was
Marwitz jakobinisch nannte, was auch der junge Bismarck
in seiner feudalen Zeit noch häufig wütend „bonapartistisch“
nannte, das ist eben das, was wir das außerhalb der
Parteien stehende Beamtentum nennen, und die moderne
Probe auf dieses Beamtentum ist eben die Sozialpolitik.
Überhaupt dürfte, wenn man die Leistungen der Gesetz-
gebung seit der Begründung des deutschen Reiches zu-
sammenstellt, sich ergeben, daß bei weitem das Meiste und
Beste darin von der Regierung, vom Monarchen und vom
Beamtentum ausgegangen ist, oft nur mit Mühe beim Reichs-
tag durchgesetzt. Aber dessen bloße Existenz wirkte im
höchsten Grade anregend und treibend auf die Regierung,
und im einzelnen hat er auch viel verbessert und zuweilen
auch selbst gute Gedanken und Anregungen hervorgebracht.
Neben den sehr schwerwiegenden Nachteilen hat das
Parteiregierungssystem auch einen Vorteil, den wir nicht über-
sehen wollen. Weil das ganze politische Wesen lockerer ist
als bei uns mit dem streng hierarchischen Aufbau des
Beamtentums, ist es auch leichter möglich, daß politische
Talente hochkommen. Das scheint ja nur für wenige
wirklich bedeutend zu sein, ist aber doch für das gesamte
öffentliche Leben eine sehr wichtige Sache. Es ist bei uns
durch ein strenges Beförderungssystem im Beamtentum
auch für den talentierten Mann unmöglich, in jungen
Jahren, mit einer gewissen jugendlichen Frische an die
Spitze zu kommen. In allen parlamentarischen Staaten
ist das viel eher möglich. Das ist ein Vorzug, den ich
sehr hoch anrechne, der ganz gewiß hauptsächlich das Ver-
dienst hat, daß trotz der großen Mängel des Parteiregierungs-
systems es doch noch immer das seinige leistet, ja sogar
gewisser Vorzüge vor dem unsrigen sich rühmt.