Full text: Regierung und Volkswille.

180 Die deutsche Verfassung von 
zu beseitigen. Die öffentliche Stimmung ist ja heute bei 
uns mit großer Ungeduld erfüllt und will verzweifeln, ob 
überhaupt irgendwelche Ziele verfolgt werden. Nun ist aber 
das eine sicher, daß, wenn man solche Ziele wirklich hat, sie 
darum doch nicht immer von heute auf morgen erfüllt 
werden können, daß dafür nicht bloß die Rüstungen aus- 
reichen müssen, sondern daß vor allem der rechte Augen- 
blick abgewartet werden muß, und daß diese Politik leichter 
durchführbar ist, wenn, wie bei der unfrigen, die Autorität 
an einer Stelle liegt, die die Dinge weit voraussieht und 
nicht aller Welt mitteilt, das leuchtet ja ohne weiteres ein. 
Ohne die Augen zu verschließen vor den inneren Mängeln, 
die auch unserem Regierungssystem anhaften, muß ich doch 
sagen, daß ich in ihm eine weit höhere und bessere Form 
der politischen Gestaltung sehe als in irgendeinem anderen 
Staate der Gegenwart. Aber wohlgemerkt, immer indem 
beide Momente der Regierung anerkannt werden und ihr 
Recht ausüben. Die Anträge, welche von der Volksvertretung 
eingebracht werden, die Kontrolle, die das Volk ausübt, die 
Notwendigkeit, sich vor der Volksvertretung zu rechtfertigen, 
mit ihr zu verhandeln, bald mit diesem, bald mit jenem 
Teil sich auseinanderzusetzen, auch Kompromisse zu schließen, 
das Volk — wenigstens in seiner Mehrheit — auf einen 
Punkt zusammenzuführen, das macht die Eigentümlichkeit 
unserer Kraft und gibt uns das sichere Gefühl, daß unserem 
Volke noch eine große Zukunft beschieden ist. Sonst würde 
man sich ja leicht auf den Gedanken zurückziehen können: 
das Beamtentum ist die politische Intelligenz, ihm und 
dem König, der für sich und seine Familie am besten sorgt, 
wenn er für das Wohl des Staates sorgt, ihnen wollen 
wir uns anvertrauen. Aber die Rechnung würde nicht 
stimmen, weil die Organisation der politischen Intelligenz
	        
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