Full text: Regierung und Volkswille.

Proporg. 27 
den Einzelinteressen das Recht des Mitredens zu verleihen, 
dem Staatsganzen nicht zum Heil dienen kann, leuchtet 
ebenso ein. Der Abgeordnete soll ja gerade nicht Einzel- 
interessen vertreten, sondern allein den Staat als Ganzes 
im Auge haben. Man ist deshalb schon soweit gegangen, 
das Kumulieren der Stimmen, d. h. daß der Wähler alle 
Stimmen, die er abzugeben hat, auf einen Kandidaten 
vereinigt, zu verbieten; man hat verboten, daß ein Kandidat 
sich in mehr als einem Wahlkreise aufstellen läßt; man hat 
verboten, daß der einzelne Wähler sich überhaupt einen 
Wahlzettel nach seinem Gutdünken zusammenstelle, sondern 
verlangt, daß er sich voll, sei es dieser, sei es jener Partei, 
anschließe; er soll nicht etwa einen oder den anderen Namen, 
der von dem Parteivorstand vorgeschlagen wird, verwerfen, 
ihn ausstreichen und einen anderen auf die Liste setzen dürfen, 
vielleicht gar von beiden Parteien sich die besten Männer 
nebeneinander erküren; man hat deshalb schließlich das 
Wählen von Personen überhaupt ausschalten und an die 
Stelle die Erklärung für eine bestimmte Partei setzen wollen. 
Das Problem muß wirklich verzweifelt schwierig sein, wenn 
man, um das Wählen zu retten, das doch den Willen des 
einzelnen zum Ausdruck bringen soll, zu Vorschriften kommt, 
die das freie Wählen des einzelnen unterbinden, aufheben 
und ihn unter Vormundschaft stellen. 
Man mag den Proporz gestalten, wie man will, viel- 
leicht wird man dadurch erreichen, daß die Kirchturmsinter- 
essen, wie man sagt, ausgeschaltet werden, aber mit ihnen 
zugleich auch die persönlichen Beziehungen zwischen den 
Wählern und den zu Wählenden und damit auch der wirk- 
liche Wille der Wählenden. über einen einzelnen Kandidaten, 
der sich den Wählern in den Wahlversammlungen der ein- 
zelnen Ortschaften persönlich vorstellt, mag sich der einzelne 
Delbrück, Regierung und Volkswille.
	        
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