Referendum. 29
statt im Jahre 1875 in Basel. Auch in einigen Staaten
Amerikas und in letzter Zeit auch in der Bundesrepublik
Australien ist es eingeführt worden. In der Schweiz ist Ersahrungen in
das Referendum sehr populär. Aber freilich, die Vorstellung, der Schweiz
daß nun auf diesem Wege ganz sicher der Volkswille zur
Erscheinung gebracht werde, hat sich wiederum als Illusion
erwiesen. Auch bei dem Referendum bleibt stets ein so
großer Teil der Bürger der Abstimmung fern, daß von den
41 Bundesgesetzentwürfen, die von 1874 bis 1898 dem
Referendum unterworfen worden sind, kein einziger von der
Mehrheit der Wähler angenommen worden ist. In den
Kantonen beteiligen sich manchmal nur 25% der Be-
rechtigten an der Abstimmung. Besonders markant ist nun
aber, wie oft das Referendum einen Zwiespalt zwischen
den Ansichten der Regierenden, dem gewählten Vertretungs-
körper, und den Ansichten der Wahlberechtigten zutage bringt.
Nicht selten sind Vorlagen verworfen worden, die von den
regierenden Räten und sogar von allen Parteien und von
der Presse einmütig empfohlen waren, und häufig be-
schäftigen sich die Zeitungen nach einem Referendum mit
der Frage, weshalb denn nun eigentlich das Volk dagegen
entschieden habe. Ein besonderer Mangel der schweizerischen
Verfassung ist das Fehlen eines Pensionzgesetzes für die
Beamten. Der Beamte soll sich nach Vorstellung der
Schweizer Bürger von seinem Gehalt soviel sparen, daß er
in seinen alten Tagen, wenn er dienstunfähig geworden ist,
davon leben kann. Da nun aber die Gehälter ohnehin
recht mäßig sind, so geschieht das nicht, und die Behörden,
vor der Frage, ob sie einen im Diensi ergrauten Beamten,
wenn er nichts mehr leisten kann, brotlos machen sollen,
pflegen das nicht übers Herz zu bringen, sondern schleppen
den alten Mann mit durch, was natürlich für die Leistungen
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