Die deutsche Flotte und die Arbeiter. 33
dabei den Ausdruck „die gräßliche Flotte“ gebraucht
hatte.
Wenn nun das agrarische Interesse in der Tat dem der
Flotte etwas entgegengesetzt ist, so ist es einleuchtend, daß die
Industrie, die auf den Welthandel angewiesen ist, mit ihr in
einer naturgemäß guten Beziehung steht. Mit der Industrie,
sollte man meinen, auch die Industrie- Arbeiterschaft, um
so mehr, als diese sich ja sagen kann, daß bei weitem der
größte Teil aller Bewilligungen für die Flotte wieder in
Arbeitslohn umgesetzt wird. Bewilligung einer Kriegsflotte
bedeutet: Schaffung einer neuen, umfassenden Arbeits-
gelegenheit. Bei dieser Lage faßte damals eine Anzahl
Patrioten in Berlin die Idee, in sozialdemokratische Ver-
sammlungen zu gehen und den Versuch zu machen, der
Arbeiterschaft klar zu legen, welch große Entscheidung jetzt in
ihre Hand gegeben sei. Wie ganz anders hätte sich die
innere Geschichte Deutschlands entwickeln müssen, wenn es
dabei geblieben wäre, daß die agrarischen Konservativen gegen
die Flotte stimmten, und die sozialdemokratischen Arbeiter
sie bewilligten! Im besonderen kam noch in Betracht, daß
ja nach einer zwar nicht absolut unangreifbaren, aber auch
schwer umzustürzenden parlamentarischen Praris diejenigen
Parteien, die eine Bewilligung machen, auch das moralische
Recht haben, die dafür notwendigen Steuern zu bestimmen.
Nun kam damals der Vorschlag auf, auch in Deutschland
Erbschaftssteuern einzuführen, wie sie ja in England und
Frankreich seit langem bestehen und große Erträge bringen.
Man konnte also der Arbeiterschaft sagen, daß, wenn sie
die Flotte bewillige, sie nicht einmal eine Last dafür auf
sich nehmen würde, da sie die Bedingung stellen dürfe,
daß die Mittel durch Erbschaftssteuern aufgebracht werden
sollten. Auf diesem Boden kam es wirklich zu einer Volks-