Der König und der Staatsgedanke.
Regierung, die von solchem Geist erfüllt war, konnte nicht
nur bei den Zeitgenossen keine Befriedigung hinterlassen,
sondern auch hinterher noch, auch als man den Zusammen-
hang erkannt, die Schwierigkeiten herausgefunden hatte, sich
trotzdem der Hochschätzung als eine Regierung der Weisen
im idealen Sinne keineswegs erfreuen.
Weiter haben Sie vielleicht vermißt in diesem Aufriß
des Staates, den ich Ihnen vorgeführt habe, daß die haupt-
sächlichste Stelle, der König, noch gar nicht genannt ist. Ich
habe den Staat aufgebaut vom Staatskanzler an auf die
Minister, die Beamtenschar, die ganze Beamtenhierarchie;
aber der letzte entscheidende Wille liegt doch nicht an irgend
einer dieser Stellen, sondern beim König. Wo ist er ge-
blieben? Die Antwort ist: Der König regiert nicht nach
subjektiven Einfällen — oder wenn er es tut, so ist es
jedesmal ein Fehler — sondern gemäß dem obiektiven,
mit Hilfe seiner Berater festgestellten Staatsinteresse, und
er kann damit so sehr hinter diesem objektiven Staats-
interesse verschwinden, daß Hegel, als er jetzt vor fast
100 Jahren von diesem Katheder das Wesen des Staates
im allgemeinen und des preußischen Staates im besonderen
entwickelte, das Wort wagen konnte: „Der König ist das
Tüpfelchen auf dem i.“ Es wurde Friedrich Wilhelm III.
einmal gemeldet, daß hier, unmittelbar seinem eigenen
Wohnhaus gegenüber, einer seiner Professoren den König
bloß für das Tüpfelchen auf dem i erkläre. Aber
Friedrich Wilhelm lll. gab nicht viel auf Theorien, da er
ja doch die Macht besaß. Er antwortete einfach: wenn er
es nun nicht macht? Damit hatte er sich seine königliche
Gewalt genügend vorbehalten. Er faßte tatsächlich sein könig-
liches Amt so auf, daß der König die Staatsidee so in sich
verkörpere, sich so mit dem Staate identifiziere, daß nichts
Stellung
des Königs.