56 Friedrich Wilhelm III.
als der organisierte Staatswille in seinem subjektiven
Willen in die Erscheinung trete.
Als er Stein in der bekannten grob- ungnädigen Weise
im Januar 1807 entließ, berief er sich in seinem Entlassungs-
schreiben darauf, daß er sich von jeher bestrebt habe, „nicht
nach persönlichen Launen die Diener des Staates zu wählen,
sondern nach vernünftigen Gründen.“ Dem Rate solcher
„nach vernünftigen Gründen“ gewählter Staatsdiener wird
dann auch der König sich so leicht nicht entziehen, oder
wie es ehedem ein Ministerialdirektor einmal etwas
burschikos ausgedrückt hat: „über den König kommt
man weg, über den Referenten im Ministerium kommt
man nicht weg!“
Die letzte Entscheidung hat Friedrich Wilhelm Ill. für alle
Zeit, vor 1806, während der ganzen Reformbewegung,
während und nach der Erhebung immer wieder selbst ge-
geben, oft unter einem furchtbaren Druck, gegen seinen
eigenen inneren Wunsch, gegen seine Natur, aber stets in
dem Bewußtsein, nicht der gewählte, aber der geborene
Repräsentant des Staates zu sein. Er war der anspruch-
loseste Mensch und stellte durchaus nicht etwa für sich die
Forderung, daß seine höhere königliche Eingebung als solche
den Staat regieren müsse, sondern er nahm nur das für
sich in Anspruch, daß er eben als König die höchste Ver-
antwortung trage, mehr als irgendein anderer von dem
Staatsgedanken erfüllt sein müsse. Aber natürlich war
das schlechterdings nicht von seiner Subjektivität zu scheiden,
einer Subjektivität, die für eine Epoche umwälzender Re-
formen und gewaltiger Entscheidungen, um das ausdrücklich
hinzuzufügen, sehr wenig geeignet war. Hierdurch und später
noch mehr durch die starke Subjektivität Friedrich Wilhelms IV.
ist verdeckt worden, was eigentlich damals das Wesen des