Wahre Natur des englischen Unterhauses. 73
Belloc behauptet auch, es sei Illusion zu sagen, daß
das heutige englische Parlament nicht mehr so korrupt
sei wie im 18. Jahrhundert; nur die Form der Korruption
sei anders geworden. Es geschehe freilich nicht mehr mit
wirklichen Bestechungen, aber doch so, daß die große Masse
der Gewählten irgendwelche Vorteile von der Regierung zu
erwarten habe. Er teilt die Vertreter in drei Gruppen:
1. reiche Leute in ihren Wahlkreisen, die Ehrgeiz besitzen
und sich durch die Teilnahme an der Regierung einen
Namen machen wollen; 2. reiche Leute irgendwoher, die
sehr große Summen in einen geheimen Wahlfonds stiften;
3. Rechtsanwälte und Geschäftsleute, die ihre Parlaments-
mitgliedschaft irgendwie benutzen, um günstige Verhältnisse
auszukundschaften und auszunützen für die Geschäfte, die
sie betreiben.
Ich möchte mir erlauben, eine vierte Gruppe hinzuzu-
fügen, nämlich die ehrlichen Patrioten, an denen es auch
in England, wie anderswo, nicht fehlt, und schließlich werden
diese Gruppen sich nicht so scharf voneinander sondern,
sondern vielfach ineinander übergehen. Es ist aber richtig,
daß die geschlossenen Parteien zusammengehalten werden
eben durch die Wahlmaschinerie und zum großen Teil auch
durch den direkten Vorteil, der vielen von den Mitgliedern
winkt. Das würde ja nun gegen die Vorstellung, das
Volk sei es, das zum Unterhaus wählt und dadurch regiert,
noch nichts besagen, wenn das Volk es wäre, das die
Wahlorganisationen beherrschte, aber da setzt nun Bellocs
Hauptargument ein: In Wirklichkeit ist die Führerschaft
jetzt so geschlossen, daß man sagen kann, das demokratische
das Volk selbst in ihm die Politik bestimmen. Das ist völlig gescheitert.
Die Versammlungen sind mehr und mehr streng auf die Akklamation
und vorher von den Führern festgestellte Resolutionen beschränkt worden.