Mehring. 81
Rede von Delbrück, sagte etwa Mehring, den ich, beiläufig
bemerkt, für den bei weitem befähigtsten wissenschaftlichen
Kopf in der Sozialdemokratie halte, diese Rede ist gleich-
sam eine Antwort auf unseren Wahlsieg. Es ist zwar
nicht ausgesprochen, aber es ist so gemeint. Indem ich
dargelegt hätte, wie kraftlos die Massen an sich seien,
meint Mehring, hätte ich zu verstehen geben wollen, daß
wir uns nicht vor ihnen zu fürchten brauchten. Denn mit
der Organisation könne man sich einmal auseinandersetzen;
mit den Führern ließe sich auf diese oder jene Weise irgend-
ein Abkommen treffen. Ich habe diese Schlüsse nicht ge-
zogen, kannte auch damals das Buch von Michels noch
nicht, aber in der Tat, Mehring hatte nicht schlecht in meiner
Seele gelesen. Ich war begierig, wie der Artikel enden
würde, wie er den von ihm selbst gezogenen, sozusagen in
mich hineinprojizierten Schluß wieder aufheben, wie er
ihm entgehen würde. Mehring hofft, daß infolge der
außerordentlichen Steigerung der Produktivität der Arbeit
im Zukunftsstaat eine Gesellschaft ohne Ausbeutung ent-
stehen werde. Wo aber die Ausbeutung fehle, fehle auch
die Herrschaft einer ausbeutenden Klasse; da fehle also
auch das Monopol der geistigen Bildung, und diese würde
zum Allgemeingut werden. Wenn aber erst die Masse
dieselbe Bildung habe, wie die Führer, dann bedürfen sie
auch keiner Führer mehr, sondern führen selbst. Mit dieser
Masse gäbe es dann auch kein Paktieren und keine Kom-
promisse, sondern bloße Übergabe.
Seien wir Mehring zunächst dankbar für den Blick, den er
uns in den sonst so ängstlich hinter dem Schleier des Geheim-
nisses verwahrten Zukunftsstaat hat tun lassen. Daß der
Reichtum der Menschheit dann ins Unermeßliche steigen werde,
ist schon früher zuweilen versichert worden. Während man