Die Elsaß- Lothringer. 3
daß aus den Elsaß- Lothringern mit der Zeit einmal innerhalb
des deutschen Volkes eine gewisse Einheitlichkeit des Emp-
findens erwächst, so wie bei den Preußen oder Bayern.
Die Forderung aber, daß das elsaß- lothringische Volk jetzt
seine eigene Verfassung bestimme, war in doppelter Weise
sinnwidrig: Erstens, weil die Elsaß- Lothringer in ihrem
Empfinden noch gar keine organische Einheit darstellen, und
besonders weil sie nur ein Teilstück des deutschen Volkes
sind, so wie sie bis 1870 ein Teilstück des französischen
Volkes waren. Mit Recht hat deshalb die Entscheidung
über die Abtretung des Gebiets zwischen Rhein und Vogesen
der französische Staat als Ganzes, die Volksvertretung in
Bordeaux, gegeben und nicht eine irgendwie organisierte
Willenskundgebung der abzutretenden Gebiete selbst, und
mit demselben Recht hat jetzt die Gesetzgebung des deutschen
Reiches diesem Gebiete eine Verfassung gegeben.
Haben wir schon den Begriff des deutschen Volkes ein-
schränken müssen auf die Einwohner des deutschen Reiches,
so müssen wir den Begriff noch weiter einengen durch die
Feststellung, daß wir es auch in dem weiteren Begriff
„deutsches Volk“ nicht mit einem von der Natur gegebenen,
sondern mit einem durch den Lauf der Geschichte geschaffenen
Gebilde zu tun haben. Man pflegt das deutsche Volk zu
behandeln als die einfache Fortsetzung jenes Volkstums,
das vorher Germanen genannt wurde. Das ist nicht richtig.
Es ist gar kein Zweifel, daß nur ein geringer Teil des
heutigen deutschen Volkes, nämlich die Bewohner von
Hannover, Westfalen, Braunschweig, Oldenburg in der
Hauptsache Germanen sind. Sämtliche Deutsche aber am
Rhein wie südlich des Main sind sehr stark gemischt mit
Kelten, Rhätiern und anderen romanisierten Volkern, alle
Gebiete östlich der Saale und Elbe wiederum mit Slaven,
Das deutsche
Volk.