Full text: Regierung und Volkswille.

84 Methode der Gesetzgebung 
höhung der Einkommensteuer um fast 1% und ein Zucker- 
zoll. (Zucker wird in England sehr viel konsumiert). Dazu 
kam, nach einer eigentümlichen neuen Idee, ein Kohlenaus- 
fuhrzoll, über den sich nicht nur von finanzieller, sondern 
auch vom wirtschaftlichen Standpunkt aus sehr viel sagen 
läßt. Am 18. April wurde das Gesetz eingebracht, ange- 
nommen, eingeführt, ohne daß das Unterhaus gegen diese 
kolossalen wirtschaftlichen Lasten und die Art der Verteilung 
wie die Organisation irgendwelche Einsprüche erhoben 
hätte. 
Soeben haben wir das Gegenstück bei uns erlebt. 
Alle Welt ist erstaunt, daß der Reichstag binnen wenigen 
Wochen eine ganz außerordentlich große Steuervorlage 
direkter wie indirekter Steuern bis zur Gesetzesreife ge- 
bracht hat, und zwar hat er nicht die von der Regierung 
eingebrachten Vorlagen einfach angenommen, sondern sie 
durch und durch umgearbeitet. Jeder Paragraph ist in 
der Kommission durch zwei oder drei Lesungen durchge- 
hechelt worden, oft sind die gefaßten Beschlüsse wieder ver- 
worfen, wieder neue Verhandlungen geführt worden; noch 
zwischen der zweiten und dritten Lesung ist Wesentliches ge- 
ändert worden. 1900 sind sogar vom Reichstag ganz neue 
Prinzipien aufgestellt, ganz andere Steuern, als von der 
Regierung beantragt, erdacht und beschlossen worden. Ganz 
so war es bei vielen anderen Gesetzen, besonders bei der 
Sozialgesetzgebung. Jede einzelne Bestimmung dieses Kom- 
pleres von Gesetzen ist mit der gesamten Volksvertretung 
bis ins einzelne durchgearbeitet worden. Und das ist nicht 
etwa ein Ausnahmefall, sondern wird bei uns als das 
Natürliche und Notwendige angesehen. Auch die Oppositions- 
parteien geben sich doch alle Mühe, Gesetze, die sie im ganzen 
verwerfen, wenigstens im einzelnen so verständig wie mög-
	        
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