196 Zweites Buch. Vierter Abschnitt. $ 78.
2. Weitergehende Befugnisse stehen den Polizeibeamten gegen-
über solchen Personen zu, die wegen vorsätzlicher Übertretung der
vorher erwähnten Strafbestimmungen zu einer Freiheitsstrafe ver-
urteilt sind. Bei diesen haben sie das Recht, in den Räumlichkeiten,
wo die den Bestimmungen des Gesetzes unterliegenden Gegenstände
hergestellt, aufbewahrt oder feilgehalten werden, Revisionen vor-
zunehmen. Auch letztere Befugnis darf nur während der üblichen
Geschäftsstunden und während der Zeit, wo die Räumlichkeiten dem
Verkehr geöffnet sind, ausgeübt werden. Sie erlischt mit dem Ablauf
von drei Jahren von dem Tage an gerechnet, wo die Freiheitsstrafe
verbüßt, verjährt oder erlassen ist 1.
Die reichsgesetzlichen Bestimmungen über die den Polizeibeamten
zustehenden Rechte haben den Zweck, ein Minimum von Befug-
nissen festzustellen, welches dieselben unter allen Umständen besitzen
sollen. Weitergehende Befugnisse, welche ihnen nach Landesrecht
zustehen, sind dadurch nicht beseitigt worden !?; auch bleibt es der
Landesgesetzgebung unbenommen, ihnen künftig solche beizulegen.
Ebensowenig wird durch das Reichsgesetz das Recht der Polizei be-
rührt, unter Wahrung der prozessualischen Formen Haussuchungen
und Beschlagnahmen vorzunehmen, falls der Verdacht einer strafbaren
Handlung vorliegt "®.
II. Neben den in die Hände der Polizeibehörden gelegten Be-
fugnissen administrativer Kontrolle hat das Gesetz Verordnungs-
befugnisse geschaffen, kraft derer zum Schutz der Gesundheit
besondere Vorschriften erlassen werden können!*. Der Kaiser ist
befugt mit Zustimmung des Bundesrates:
1. Zu verbieten:
a) bestimmte Arten der Herstellung, Aufbewahrung und Ver-
packung von Nahrungs- und Genußmitteln, die zum Verkaufe be-
stimmt sind; .
b) das gewerbsmäßige Verkaufen und Feilhalten von Nahrungs-
und Genußmitteln einer bestimmten Beschaffenheit oder unter einer
der wirklichen Beschaffenheit nicht entsprechenden Bezeichnung;
c) das Verkaufen und Feilhalten von Tieren, welche an be-
stimmten Krankheiten leiden, zum Zwecke des Schlachtens, sowie
das Verkaufen und Feilhalten des Fleisches von Tieren, welche mit
bestimmten Krankheiten behaftet waren;
d) die Verwendung bestimmter Stoffe und Farben zur Her-
stellung von Bekleidungsgegenständen, Spielwaren, Eß-, Trink-
und Kochgeschirr, sowie das gewerbsmäßige Verkaufen und Feil-
halten von Gegenständen, welche diesem Verbot zuwider herge-
stellt sind;
e) das gewerbsmäßige Verkaufen und Feilhalten von Petroleum
von einer bestimmten Beschaffenheit.
2. Zu verbieten oder zu beschränken: das gewerbsmäßige
12 N.M.G. 3 4.
12 Vgl. auch Motive zu $$ 1-3 des Regierungsentwurfes. (Sten. Ber. 8, 176.)
1# N.M.G. $$ 5—8.
1 N.M.G. p 8,9.
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