Full text: Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechtes.

UI. Aktiver Militärdienst. $ 189. 537 
nur bei solchen Personen vorkommen, die einer gesetzlichen Wehr- 
pflicht unterliegen, so daß also eine Freiwilligkeit nur in bezug auf die 
Art der Ableistung des Dienstes besteht?. Die Freiwilligen dieser 
Art zerfallen in zwei Klassen: 
a) Mehrjährig Freiwillige, d. h. Personen, welche den 
gewöhnlichen mehrjährigen Militärdienst leisten wollen, jedoch schon 
vor dem Eintritt der Militärpflicht in den Militärdienst eintreten. 
Ein solcher früherer Eintritt ist nach vollendetem 17. Lebensjahre 
gestattet; die Voraussetzung ist der Besitz der nötigen moralischen 
und körperlichen Qualifikation*. Die Wehrpflichtigen bedürfen dazu 
der Genehmigung der Ersatzbehörden. Diese bildet die Voraus- 
setzung der Annahme durch den Truppenteil®. Die mehrjährig 
Freiwilligen genießen vor den Ausgehöbenen nur insofern einen 
orzug, als ihnen die Wahl des Truppenteils frei steht®. 
b) Einjährig Freiwillige’, d. h. Personen, welche der 
aktiven Dienstpflicht schon durch eine Dienstzeit von einem Jahr 
genügen. Die Voraussetzungen der Berechtigung zum einjährig frei- 
willigen Dienst sind: 1. der Nachweis einer bestimmten Bildung, die 
durch Schulzeugnisse oder durch Bestehen einer Prüfung erbracht 
werden kann; 2. die Übernahme der Verpflichtung, sich während 
der Dienstzeit selbst zu bekleiden, auszurüsten und zu verpflegen®,. 
Personen, welche die Berechtigung zum einjährig freiwilligen Dienst 
besitzen, können ebenfalls schon mit dem vollendeten 17. Lebensjahre 
in den Militärdienst eintreten. Sind sie beim Eintritt in ihr militär- 
Pflichtiges Alter noch nicht eingetreten, so bleiben sie trotzdem von 
der gewöhnlichen Meldungs- und Gestellungspflicht befreit. Sie 
haben nur bei der Ersatzkommission ihres Aufenthaltsortes, unter 
Vorlegung ihres Berechtigungsscheines, ihre Zurückstellung von der 
Aushebung zu beantragen. Diese Zurückstellung erfolgt regelmäßig 
bis zum 1. Oktober des Jahres, in dem sie das 23. Lebensjahr 
vollenden. Eine weitere Zurückstellung (um zwei fernere Jahre) ist 
nur aus besonderen Gründen zulässig. Sie sind verpflichtet, sich bis 
zum Ablauf der Frist, auf welche ihre Zurückstellung erfolgt ist, 
zum Dienstantritt bei einem Truppenteil zu melden. Die Wahl des 
Truppenteiles steht ihnen frei. Bei ausbrechenden Kriege müssen 
sie sich sofort zum Heeresdienst stellen. Die Versäumung der recht- 
3 Es lassen sich zwar auch Fälle denken, in denen eine nicht wehr- 
pflichtige Person sich zu einer das Maß der für die Wehrpflichtigen vorge- 
schriebenen gesetzlichen Pflichten nicht übersteigenden militärischen Dienst- 
leistung erbietet. So könnte z. B. ein Mitglied einer standesherrlichen Familie 
als Einjährig-Freiwilliger in den Militärdienst eintreten. Aber derartige Vor- 
Ommnisse werden immer seltene Ausnahmefälle bilden, die für die regelmäßige 
Behandlung außer Betracht bleiben können. 
  
Y. 
® R.M.G. (G. vom 6. Mai 1880) $ 10. W.O. $$ 84, 85. 
817 
Tv. Kirchenheim, Art, Freiwillige, Einjährig V.R.W. 1, 448, 
®W.G.$ 11. RM.G. $ 14. W.O. 38 88—94. In Ausnahmefällen kann 
nach der W.O. $ 94 einem Einjährig-Freiwilligen zu Fuß, dem die Mittel fehlen, 
Geld- und Brotverpfle ng, und unter besonderen Umständen auch Bekleidung, 
wandstung und Quartier unter Anrechnung auf den Etat des Truppenteils ge- 
ahrt werden.
	        
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