112 $ 7. Die Selbstverwaltungskörper.
Es steht in der Macht des Gesetzgebers, die Grenze zwischen dem
eigenen und dem übertragenen Wirkungskreis zu verschieben.
Auch ist ferner zu beachten, daß sich zwischen reiner Staats-
verwaltung und Gemeindeverwaltung im übertragenen Wirkungs-
kreis Übergänge und Zwischenstufen entwickeln können. Dies
namentlich in den Fällen, in denen der Staat den Gemeinden die
Kosten für die Durchführung einer Aufgabe ganz oder teilweise
aufbürdet, ihnen aber dafür einen Anteil an der Verwaltung ein-
räumt. Einen Beleg bildet die rechtliche Stellung der Volks-
schulen in den deutschen Staaten. In Baden gelten die Volks-
schulen als Staatsanstalten, die Volksschullehrer als Staatsbeamte;
aber die Gemeinden tragen zu einem Teil die Schullasten, üben
die örtliche Schulaufsicht aus und ernennen ausnahmsweise —
nämlich in den sog. Städteordnungsstädten — die Volksschul-
lehrer.°! In Württemberg ist in einer langen historischen Ent-
wicklung die Volksschule Gemeindeanstalt geworden,’? doch wei-
sen zur Stunde noch zahlreiche Züge (Ernennung der Volksschul-
lehrer durch eine Staatsbehörde usw.) auf den staatlichen Ur-
sprung hin.”?* I]In Preußen hat das Allgemeine Landrecht vom
Jahre 1794 (II 12 8 1) Schulen und Universitäten als ‚Veran-
staltungen des Staates“ erklärt, aber die mit der Steinschen
Städteordnung (1808) anhebende Entwicklung hat die Rechte
und Pflichten der Gemeinden gegenüber dem Volksscl.ulwesen
v. 29. April 1869, unterscheidet in dem Wirkungskreis des Magistrats
scharf zwischen „eigentlichen Gemeindeangelegenheiten‘ und ‚Polizei-
und Distriktsverwaltung‘‘. Sachsen: von der Mosel: Handwörterbuch
des sächs. Verwaltungsrechts, Art. ‚Ortsobrigkeit‘“, ‚Polizeibeamte‘.
Baden: Thoma, Polizeibefehl im Bad. Recht I S. 144ff. Walz, Bad.
Staatsrecht, S. 188, 300. Das badische Gemeinderecht, 1912 ff., S. 44 ff. —-
Über die Übertragung der Ortspolizei auf staatliche Behörden in diesen
Städten s. unten 9. 115, Anmerk. 42.
31 Bad. Schulgesetz vom 7. Juli 1910, 83 7—10, 117f., 126. Walz,
Bad. Staatsrecht, S. 434ff. und Jahrbuch d. öffentl. Rechts, V S. 532 ff.,
insbes. 540—542.
32 E. Ruck, Das Verhältnis von Kirche und Volksschule in Württem-
berg, Tübinger Dissertation, 1907, S. 56, Göz, Württembg. Staats-
recht, S. 466.
32®* Insbesondere unterstellt das württembergische Geretz betr. die
Rechtsverhältnisse der Volksschullehrer, v. 10. Juli 1912, die Volksschul-
lehrer dem Gesetze über die Staatsbeamten.