116 $ 7. Die Selbstverwaltungskörper.
Die Kompetenz zur Selbstverwaltung schließt nicht von
Rechtswegen die Zuständigkeit zur Selbstgesetzgebung, die
Autonomie über alle zur Selbstverwaltung gehörenden Angelegen-
heiten in sich (oben $ 5).** Das Staatsgesetz bestimmt die Schran-
ken, bis zu denen ein Selbstverwaltungskörper seine eigene
Organisation ausgestalten und über die seiner Verwaltung unter-
stehenden Materien Rechtsvorschriften in einer Satzung (Statut,
Ortsgesetz) aufstellen darf. Der Selbstverwaltungskörper besitzt
auch hier Gewalt nur über seine Mitglieder. Er kann deshalb Rechts-
sätze, die über den Kreis seiner Mitglieder hinaus gelten sollen, nur
vermöge ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigung schaffen.*?
2. Die Selbstverwaltungskörper stehen unter der Aufsicht
des Staates.” Der Staat wacht darüber, einerseits daß sie
werden, als besondere Gesetze (Polizeistrafgesetz, Wassergesetz usf.) dies
ausdrücklich anordnen. Thoma, Polizeibefehl im Bad. Recht I 166ff.
Walz, Bad. Staatsrecht 301 und „Das badische Gemeinderecht‘“ S. 188 ff.
Unrichtig: Urteil des Bad. Verwaltungsgerichtshofs vom 22. März 1910
(Zeitschrift f. badische Verwaltung 1910, S. 155); Rechtsprechung des
Bad. Verwaltungsgerichtshofs Iıı S. 357—362. Wenn der Staat besondere
Staatsbehörden mit der Handhabung der Ortspolizei betraut, so gewinnt
aus dem soeben erwähnten finanziellen Grund die weitere Frage Be-
deutung, welche Angelegenheiten als „ortspolizeiliche‘‘ zu betrachten
sind. Gehören die Kosten für die Zwangsheilung geschlechtskranker Dirnen
zu den finanziellen Lasten der Ortspolizei oder hat der Armenverband
dafür aufzukommen? Die Praxis des Kgl. Sächsischen OVG. rechnet
diese Kosten zu den Kosten des Armenwesens, das Bundesamt für
Heimatwesen erblickt dagegon in ihnen rein polizeiliche Kosten. Jahr-
bücher d. Kgl. Süächs. OVG. Bd. 17, S. 50; Blüher im Preuß. VerwBl.
XXXIV 118. Wohlers-Krech, Reichsgesetz über d. Unterstützungs-
wohnsitz13 S. 112; Walz, Bad. Gemeinderecht S. 193. Kamptz und
Genzmer, Rechtsprechung des Preuß. OVG. I S. 529ff. Reichsgericht
in Zivilsachen Bd. 77 S. 194 (Seuchenbekämpfung). Preuß. VerwBl.
XXXIV 509 (Unterbringung von Irren).
43 Gierke, Deutsches Privatrecht I S. 142ff. (Die autonomische
Satzung.) Rosin, Öffentl. Genossenschaft, S. 181ff. Thoma, Polizei-
befehl im Bad. Recht I S. 351ff., 45lff. Kinne, Die Autonomie der
Kommunalverbände in Preußen, 1908. Preuß, Städt. Amtsrecht, S. 154ff.
367ff. Walz, Bad. Staatsrecht, S. 188.
# Vgl. oben S. 80.
#5 Zum Folgenden sind vor allem zu vergleichen die Darstellungen
von Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 652ff. und von Preuß, Städt.
Amtsrecht in Preußen S. 296 ff. (Preuß hat den Unterschied zwischen Staats-
aufsicht und Subordination besonders klar erörtert). Markull, Art. ‚„Staats-