Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

126 $ 8. Die „gesetzmäßige Verwaltung‘. 
Aus dem dargelegten Grundsatze, ‚Gleiches Recht für Alle‘‘ 
ergeben sich drei wichtige Folgerungen: 
l. Wenn der Verwaltungsbehörde die Befugnis übertragen 
ist, eine bestimmte Materie durch Verordnung zu regeln, so darf 
sie nicht an Stelle der Verordnung durch Einzelbefehle von Fall 
zu Fall das Erforderliche anordnen. Denn nur durch die ab- 
strakte Regelung wird die Rechtsgleichheit verbürgt.'* Auf eine 
Eigentums. Vgl. darüber Thoma, Polizeibefehl im Bad. Recht IS 118 
und Walz, Bad. Staatsrecht S. 209—210. 
13 Beispiele: Das Allgemeine Baugesetz für das Königreich Sachsen 
vom 1. Juli 1900 $ 94 schreibt vor, es habe das Ortsgesetz (Ortsstatut) 
Bestimmung darüber zu treffen, ob in offener oder geschlossener Reihe 
gebaut werden müsse. Wenn für eine Ortschaft ein Ortsgesetz noch nicht 
erlassen ist, so darf die Polizei nicht von Fall zu Fall verfügen, wie zu bauen 
sei. Kgl. Sächs. OVG. 22. November 1902 (Jahrbücher des K. Säche. 
OVG. III S. 219). Vgl. ferner Bayr. Verwaltungsgerichtshof 25. Juli 
1902 (Sammlung von Entscheidungen des Bayr. VGH. XXIV S. 136): 
Die Gemeinden dürfen nach der rechtsrhein. Gemeinde-Ordnung Art. 22 
die Höhe der Gemeinderechtsgebühr (für die Teilnahme an dem Ge- 
meindenutzen) nicht von Fall zu Fall bestimmen; sie haben allgemeine 
Vorschriften darüber zu erlassen. Otto Mayer 18.274. Thoma, Polizei- 
befehl im Bad. Recht IS. 59, 76. W. Jellinek, Gesetz, Gesetzesanwendung 
S.259. Anders die Praxis des preußischen Oberverwaltungsgerichts. Sie 
nimmt an, wenn z. B. das preuß. Gesetz über die Polizeiverwaltung v. 
ll. März 1850 vorschreibe, eine bestimmte Materie (Sorge für Leben 
und Gesundheit usf.) sei durch ‚ortspolizeiliche Vorschriften‘ zu regeln, 
8o begründe dies lediglich ein Recht, keine Pflicht der Behörden, eine 
Polizeiverordnung hierüber zu erlassen. ‚Alles was zu den Gegen- 
ständen der polizeilichen Vorschriften gehört, kann auch, mindestens 
solange Vorschriften solcher Art nicht ergangen sind, Gegenstand einer 
polizeilichen Verfügung sein.“ Preuß. OVG. 27. Juni 1877 (Entsch. des 
preuß. OVG., Bd. 2, 427, insbes. 432); vgl. auch preuß. OVG. 18. März 1886 
(Entsch. des preuß. OVG. Bd. 13, S. 390 und die dort zit. Judikatur). 
Zustimmend Thoma, Polizeibefehl I 244. — Andrerseits darf jedoch eine 
Einzelverfügung nicht in die Form einer Verordnung eingekleidet werden. 
Dies würde dann zutreffen, wenn eine Behörde auf Grund des geltenden 
Rechts nicht die Befugnis besäße, eine Verfügung (z. B. ein Bauverbot) 
zu erlassen, und diese Kompetenz aber nun empfinge durch eine all- 
gemein gehaltene Verordnung, die aber nach Lage der Dinge nur auf diesen 
konkreten Einzelfall gemünzt wäre. In einem solchen Falle wären Verord- 
nung und Verfügung ungültig. W. Jellinek, Gesetz, Gesetzesanwendung 
S. 356. Rechtsprechung des Badischen Verwaltungsgerichtshofs Ill 
Nr. 333. Ist aber eine Verordnung, z. B. eine Polizeiverordnung, rechts- 
gültiy erlassen, so kann eine einzelne darauf fußende Verfügung nicht
	        
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