$ 1. Verwaltung. 5
die Verwirklichung des Willens des Gesetzgebers durch besondere
staatliche Behörden als Vollziehung bezeichnen, so erscheint im
Gegensatz dazu das Verwirklichen des eigenen Willens der handeln-
den Organe als Regierung. Vollziehung und Regierung stellen
die zwei Seiten der dritten staatlichen Funktion dar, der Verwal-
tung im engern Sinn. Alles was der Staat außerhalb von Gesetz-
gebung und Justiz besorgt, ist somit Verwaltung im engern
Sinn oder Verwaltung schlechthin, — eine Summe von Verrich-
tungen technischer, geistiger, juristischer Natur, deren jede
einen dem Gemeinwohl nützlichen Erfolg erreichen will (Auf-
erlegung von Steuern; Einberufung von Wehrpflichtigen; Ertei-
lung von Schankkonzessionen; Errichtung von Straßen, Brücken;
Erteilung von Dienstanweisungen; Abschluß von Kauf-, Miet-
und Pachtverträgen u.s.f.).
Nur die Verwaltung im engern Sinn bildet den Gegenstand
der besonderen Disziplin des Verwaltungsrechts. Aber andrer-
seits beschränkt sich diese nicht auf eine Darstellung der staat-
lichen Verwaltung. Wie unten in den $$ 6 und 7 wird dargelegt
werden, sind dem Staate Verbände (Gemeinden, Kommunal-
verbände, Krankenkassen u.s.f.) eingegliedert, die, wie der Staat,
durch ihre Verwaltung Gemeininteressen befriedigen und zwar
mit Mitteln, die denen des Staates wesensgleich sind. Dies
rechtfertigt es, diese Verwaltung mit der des Staates als öffent-
liche Verwaltung auch wissenschaftlich zusammenzufassen
und sie der Verwaltung des Privaten entgegenzusetzen, welche
auf die Befriedigung von Individualinteressen abzielt.
Für eine juristische Betrachtung bietet die Verwaltung nur
insoweit Raum, als sich der Staat zur Durchführung seiner Auf-
gaben rechtlicher Mittel bedient. Die privatrechtlichen Mittel,
welche die Rechtsordnung dem Bürger zur Erreichungseiner Zwecke
zugeteilt hat, stehen auch der öffentlichen Verwaltung zu Gebote
und werden von ihr bei der Erfüllung bestimmter öffentlicher
Aufgaben zur Anwendung gebracht.° Aber die Mehrzahl der
öffentlichen Verwaltungsgeschäfte bewältigt der Staat mit Hilfe
eines Mittels, das dem Privaten nicht zugänglich ist, nämlich mit
Herrschergewalt (imperium). Herrschen bedeutet, die Fähigkeit
5 2. B. bei der Aufnahme von Anleihen, dem Kauf und der Ver-
pachtung von Liegenschaften u. a. m.