$ 5. Quellen des Verwaltungsrechts. 71
Verwaltungsbehörde, der auf Grund einer gesetzlichen Er-
mächtigung Rechtsätze aufstellt.
An der Zulässigkeit einer solchen Ermächtigung (Delegation)
ist heute nicht mehr zu zweifeln. Ebenso unbestritten ist aber,
daß die mit dem Verordnungsrechte ausgestattete Behörde diese
Kompetenz durch Subdelegation nicht weiter übertragen darf,
es wäre denn, daß der Gesetzgeber dies ausdrücklich erlaubt
hätte.” Der Gründe, die den Gesetzgeber veranlassen, die recht-
liche Regelung einzelner Verhältnisse oder ganzer Materien den
Verwaltungsbehörden zu übertragen, gibt es viele: das Bedürfnis,
bei rasch wechselnden Verhältnissen einen einfachern Recht-
setzungsapparat zur Verfügung zu haben, als ihn die Gesetz-
gebung darbietet; das Bestreben, das Gesetz von Einzelbe-
stimmungen zu entlasten; die Notwendigkeit, bei der Regelung
einer Materie Raum zu lassen für die Berücksichtigung lokaler
Bedürfnisse und Anschauungen; die Erwägung, daß für die Ord-
nung technischer Einzelheiten Verwaltungsbehörden, die mitten
im Verkehre stehen, mehr Fachkenntnisse besitzen, als der Ge-
setzgeber'!’ u.a. m.
8 Jellinek, Gesetz und Verordnung, S. 333. l'’'homa, Polizeibefehl im
Bad. Recht I 8. 218 und die dort zitierten Schriftsteller. Esmein, De la
del&gation du pouvoir l&gislatif (Revue politique et parlementaire, I (1894)
p. 290.
® Thoma, Polizeibefehl im Bad. Recht I S. 338ff. Vgl. dazu ein
Urteil des preuß. Kammergerichts v. 14. Oktober 1907 bei Soergel,
I S. 565. Nr. 136. Ein solches Verbot der Subdelegation enthält die
Staatsverfassung des Kantons Bern v. J. 1893, Art. 27: ,„Der Große
Rat darf die ihm durch die Verfassung ausdrücklich zugewiesenen Ver-
richtungen an keine andre Behörde übertragen.‘“ Zu diesen Verrichtungen
aber gehört nach Art. 26 der Erlaß von Dekreten, d. h. Verordnungen.
— Eine Subdelegation liegt dagegen in der Vorschrift des Badischen
Polizeistrafgesetzbuchs $ 85, Ziff. 2, derzufolge bestraft wird, wer den
Verordnungen oder den auf Grund derselben ergangenen bezirks- oder
ortspolizeilichen Vorschriften zur Verhütung von Krankheiten zuwider-
handelt. — Im Gegensatz zu der im Texte vertretenen Auffassung nimmt
Arndt, Verfassung des Deutschen Reichs® S. 116 an, im Zweifel könne
der Verordnungsberechtigte das Verordnungsrecht weiter delegieren.
1 Man vergleiche z. B., in welchem Umfang der Verordnung ganze
Materien vorbehalten worden sind in dem Reichsgesetz betr. den Ver-
.kehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen,
vom 14. Mai 1879 oder dem Weingesetz vom 7. April 1909. Zur Ausführung