224
Arzneimittel (Verkehr außerhalb der Apotheken)
und den dazu gehörigen Reklameschriften und Ge-
brauchs Anw von einigen Großfirmen an Krämer,
Barbiere, Wirte, Handwerker usw. geliefert, die
dadurch zur Kurpfuscherei veranlaßt werden und
infolge ihrer gänzlichen Unkenntnis der Be-
schaffenheit und Wirkungsweise der von ihnen ver-
kauften A das Leben und die Gesundheit der Be-
völkerung in hohem Grade gefährden. Durch
Rundschreiben des RK v. 1. 8. 98 sind die Bundes-
Reg auf diese Gefahr aufmerksam gemacht und
um strenge Ueberwachung der Schrankdrogerieen
ersucht; demzufolge ist auch in allen Bundesstaaten
eine entsprechende Anordnung getroffen.
Liegt gegen eine Drogenhandlung der be-
ründete Verdacht vor, daß in ihr dem freien
erkehr nicht überlassene A feilgehalten oder AB
angefertigt werden, und hat die Besichtigung
in dieser Hinsicht zunächst ein negatives Resultat
ergeben, so kann auf Grund der §§5 102 und 105
St PO eine Durchsuchung auch anderer, an-
geblich nur zum Privatgebrauch dienender Räume
vorgenommen werden, zu deren Anordnung und
Leitung jedoch nur der Vertreter einer Orts Pol-
Behörde berechtigt ist, der die Eigenschaft als
Hilfsbeamter der Staatsanwaltschaft besitzt. Die
Vorlage von Geschäftspapieren, Büchern, Rezep-
ten usw. können die Revisoren nicht verlangen
(O#VG). Unechte, verdorbene, verunreinigte
oder der Gesundheit schädliche sowie dem
freien Verkehr nicht überlassene A und Agßube-
reitungen sind zu vernichten oder als Be-
weismittel der Uebertretung zu beschlag-
nahmen (§ 94, 98 u. 107 St PO). Eine
Einziehung der beschlagnahmten A ist da-
gegen nicht zulässig; nach Aburteilung des Falles
und ihrer späteren Freigabe ist es vielmehr Sache
der Polizei, dafür zu sorgen, daß dem Firmeninha-
ber die Möglichkeit genommen wird, über das be-
treffende Mittel in einer den betreffenden Vor-
schriften widersprechenden Weise zu verfügen.
Behufs Beseitigung der vorgefundenen Mängel
hat die Orts Pol Behörde die erforderlichen An-
ordnungen zu treffen und deren Durchführung
zu kontrollieren, erforderlichenfalls durch Nach-
revisionen; ihr fallen auch die Kosten der Revision
ur Last. Bei gröberen Verstößen ist Bestra-
in anng auf Grund des § 367 Nr. 3 StGB zu ver-
anlassen oder, namentlich im Wiederholungsfall
und unzuverlässigen Inhabern gegenüber, das
Verfahren wegen Untersagung des Handels
mit Drogen und chemischen Präparaten, die zu
Heilzwecken dienen, gemäß § 35 Abs 4 GewO
(Novelle v. 6. 8. 94) einzuleiten. Danach ist eine
solche Untersagung zulässig, wenn die „Handha-
bung des Gewerbebetriebes Leben und Gesund-
heit von Menschen gefährdet“; es ist jedoch nicht
nötig, daß ein Schade bereits eingetreten ist, son-
dern es genügt schon, wenn aus der Unzuver-
lässigkeit des Geschäftsinhabers und aus der Hand-
habung des Betriebes erhellt, daß dadurch eine
solche Gefährdung zu befürchten steht (OV).
Diese Untersagung ist jedoch nur betreffs des
Handels mit A, die zu Heilzwecken dienen, zu-
lässig; es kann demzufolge nicht Untersagung des
ganzen Betriebes einer Drogenhandlung erfolgen,
der Inhaber ist vielmehr berechtigt, den Handel
mit allen übrigen Drogen und chemischen Präpa-
raten fortzusetzen. Nach § 35 Abs 5 hat die Klage
auf Untersagung des Gewerbebetriebes die Orts-
Pol BBehörde im Verw Streitverfahren zu erheben,
nachdem sie den Geschäftsinhaber zur Einstellung
des Betriebes aufgefordert hat, und dieser der Auf-
forderung nicht nachgekommen ist. Sie ist hierzu
schon befugt, wenn sich bei Prüfung der Anmel-
dung Tatsachen ergeben, welche die Unzuverlässig-
keit des Geschäftsinhabers in Bezug auf seinen Ge-
werbebetrieb dartun. Die Wiederaufnah-
me des untersagten Betriebes kann von der Lan-
deszentralbehörde oder einer anderen von ihr zu
bestimmenden Behörde (in Preußen: Landrat,
städtische Pol Verw, in Bayern: Distrikts Verw-
Behörde) gestattet werden, sofern seit der Unter-
sagung mindestens ein Jahr verflossen ist (§ 35
Abs 5 GewO). Wird von den Drogenhändlern
das „Rote Kreuz auf weißem Grunde“ auf
dem Firmenschilde, den Umhüllungen der Absatzge-
fäße oder auf den Geschäftspapieren usw. geführt, so
ist auf Grund des RG v. 22. 3. 02 betreffend
Schutz des Genfer Neutralitätszeichens dagegen
einzuschreiten (Geldstrafe bis 150 M.).
Soweit in den Drogenhandlungen auch Gifte,
Geheim= und Reklamemittel usw. feilge-
halten werden, finden die besonderen Vorschriften
über den Verkehr mit diesen Artikeln Anwendung
ls. Geheimmittel, Giftverkehr). Erwähnt zu wer-
den verdient noch, daß in verschiedenen preußi-
schen Reg Bezirken sowie in mehreren anderen.
deutschen Bundesstaaten, die Ankündigung
von Heilmitteln, soweit sie dem freien Verkehr
nicht überlassen sind, durch Pol V verboten, und ein
solches Verbot rechtsgültig ist, auch Ap und Groß-
betrieben gegenüber (KG). Desgleichen kann auf
Grund des §# 4 des Gesetzes zur Bekämpfung des
unlauteren Wettbewerbs v. 24. 5. 96
(ietzt v. 1. 6. 09) gegen die Ankündigung von A
eingeschritten werden, wenn diesen in prahleri-
scher und übertriebener Weise eine Heilwirkung
gegen alle möglichen Krankheiten zugeschrieben
wird.
5. Schutzgebiete 1). Bestimmungen über
den Verkehr mit A außerhalb der Ap sind bis
jetzt nur in Kiautschou (Kol.Ges. Geb. V, 217.
VI, 579 und VI, 601) und Südwestafrika (nicht
veröffentlicht) erlassen worden.
Die für Kiautschou erlassene Vorschrift
(&* 7 der V) lehnt sich an die in Deutschland be-
stehenden Bestimmungen an. Die für Süd-
westafrika gültige V des Gouverneurs v.
1. 1. 1901 verbietet das Feilhalten und Inverkehr-
bringen von Geheimmitteln und gibt diejenigen
2 an, welche ohne ärztliche Anweisung von ein-
zelnen hierzu besonders ermächtigten Firmen und
Personen verkauft werden dürfen. Sie enthält
Vorschriften über die Art der ABehältnisse, über
Signieren der A, Besichtigungen der Verkaufs-
stellen und Strafbestimmungen. Nach einer vom
Gouverneur von Samoa erlassenen Bek v.
1. 3. 09 ist vom 1. 1. 10 ab der Vertrieb derjeni-
gen Präparate, welche nach der Kais. V nur in
Ap verkauft werden dürfen, ohne besondere Er-
laubnis sämtlichen Geschäftstreibenden in einem
noch zu beschreibenden Bezirke untersagt. In den
übrigen Schutzgebieten werden A ohne Rücksicht
auf ihre Wirkung von Kaufleuten, Faktoreien,
Missionaren usw. teils für ihren eigenen Betrieb,
teils als Handelsware geführt.
1) Bearbeitet von Adlung (oben S 148 1).