Bauwesen (VIII. Schutzgebiete) — Bayern (A. Verfassungsgeschichte)
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meist noch auf fiskalische Kosten hergestellt und
unterhalten. Nur da, wo Gemeinden bestehen,
ist die Baulast z. T. auf diese übergegangen (vgl.
für DSüdwestafrika § 5 Nr. 1 der V des RK
v. 28. 1. 09, KBl 141). Straßen BPVen fin-
den sich in den Schutzgebieten noch nicht. Doch
sind in den Orten mit städtischem Charakter we-
nigstens Bebauungspläne aufgestellt, durch welche
die Straßenfluchtlinien festgesetzt sind (vgl. für
DSüdwestafrika § 1 BPV und den Gouv. Erl v.
27. 8. 06, Kolon GEg 305).
4. Formeller Inhalt. Nach sämtlichen in
Betracht kommenden BPPVerordnungen ist für
Neubauten sowie wichtigere Umbauten und dergl.
eine vorgängige Genehmigung einzuholen.
Zumeist ist Stellung eines schriftlichen Antrags,
dem die erforderlichen Zeichnungen beizufügen
sind, und schriftliche Erteilung der Genehmigung
(Ausstellung eines Bauscheines) für erforderlich
erklärt. Der Bauschein verliert in Düdwest-
afrika seine Gültigkeit, wenn der B nicht inner-
halb einer Jahresfrist begonnen wird oder länger
als ein Jahr liegen bleibt. Von Abbrucharbeiten
ist vorher Anzeige zu erstatten. — Dispens-
vorschriften fehlen durchweg, weil die er-
lassenen Bestimmungen überall wenig detailliert
sind und daher den Bauenden genügenden Spiel-
raum gewähren. — Die Ueberwachung geschieht
zumeist, ohne daß Förmlichkeiten erfüllt zu wer-
den brauchen. Doch ist für Swakopmund Bau-
abnahme, für Tsingtau auch Abnahme des Sockels
(zwecks Prüfung der Lage) und Rohbauabnahme
vorgeschrieben
5. Baupolizeibehörden. In unterster In-
stanz wird die BP von den örtlichen Polizei-
behörden (Bezirksamtmännern, Distriktschefs, Sta-
tionschefs), in Kiautschou von der Bauverwaltung
(dem Intendantur= und Baurat) wahrgenommen.
Höhere Instanzen sind die Gouverneure und der
°RK (Reichs--Kolonialamt, für Kiautschou Reichs-
Marineamt), bei welchen Beschwerde bezw. wei-
tere Beschwerde eingelegt werden kann. (Vgl.
für die afrikanischen und Südseeschutzgebiete
# 16 f Kst. V v. 14. 7. 05, Röl 717. Für
Kiautschou fehlt es an positiven Vorschriften).
Literatur besteht nicht. J. Verstmeyer.
Bayern
Bundesrat 6 Stimmen, Reichstag 48 Abg.
Größe 75 870 qkm. Einwohner 6 176 000,
auf 1 qckm 85,8 Einw.
Etat für 1910 und 1911:
je 626 148 628 + 86 447 252 Mk.
A. VBerfassungsgeschichte (S 351).
B. Behördenorganisation (S 355).
A. Verfassung (Seschichte)
111. Bayern als Teil des alten Reichs. 3 2. Entstehung
des bayrischen Staates. # 8. Verfassung des bayrischen
Staates. 4. Berhältnis Bayerns zum Reich.
bisz, 1. Bavern als Teil des alten Reichs. B.
0. dete eine Volksgemeinschaft unter herzoglicher
erfassung im altfränkischen Reich. Eine kon-
stante staatsrechtliche Entwicklung setzte mit Otto I.
von Wittelsbach ein, welchem Kaiser Friedrich I1.
im Jahre 1180 das Herzogtum B. zu Lehen gab.
Im Jahre 1214 erhielt Ottos Enkel auch die Pfalz
als Lehen. Das Lehensrecht beherrschte die recht-
liche Auffassung und die tatsächlichen Schicksale
von Land und Dynastie während der folgenden
Jahrhunderte. Die Herrschaft war eine patri-
moniale, privat- und öffentlichrechtliche Doktrinen
und Normen mischten sich und standen in unmittel-
barer Abhängigkeit von der allgemeinen Rechts-
übung im Reich. Der privatrechtlichen Auffassung
entsprangen die zahlreichen Landesteilungen, die
zumeist aus Anlaß von Erbgängen und zum Teil
nach dem Besitz, zum Teil nach der Regierung
erfolgten. Sie bilden ein bezeichnendes Merkmal
der alten öffentlichen Ordnung.
Die folgenreichste unter diesen Teilungen war
die, welche im Hausvertrag von Pavia v. 4. 8. 1329
zwischen Kaiser Ludwig dem Bayern und den
Nachkommen seines älteren Bruders Rudolf statt-
fand. Seither hatten die geteilten Länder, Alt-
bayern und Pfalz nebst Nordgau, getrennte Schick-
sale. Doch waren im Vertrage wechselseitiges
Vorkaufsrecht und Erbrecht der Linien verein-
bart. Daß die Vereinbarung des wechselseitigen
Erbrechtes nach Verlauf von 448 Jahren und
nach zahlreichen mit Länderverlusten verbun-
denen Teilungen in beiden Linien sich er-
füllte, gehört zu den merkwürdigsten Bei-
spielen langfristiger Rechtswirkungen, welche
die Geschichte des Staatsrechtes aufzuweisen hat.
Im Jahre 1777 (30. Dezember) erlosch die jüngere
altbayerische Linie Ludwigs mit dem Tode des
Kurfürsten Maximilian III. Josef. Das von
Oesterreich angefochtene Erbe der Linie Rudolfs
wurde im Teschener Frieden v. 13. 5. 1779 an-
erkannt. In der nunmehr ganz B. beherrschenden
Pfälzer Linie bestand zu jener Zeit eine Teilung.
Es regierten aus der älteren Sulzbacher Linie
Kurfürst Karl Theodor, der im Jahre 1777 die
diesseitigen Länder erbte und aus der jüngeren
Linie Zweibrücken-Birkenfeld seit 1795 Maxi-
milian IV. Josef. Nach dem am 16. 2. 1799
erfolgten Tode Karl Theodors vereinigte Maxi-
milian Josef die gesamten Stammlande zu ein-
heitlicher Regierung. Ein Zweig der von ihm
vertretenen Linie des Wittelsbachschen Hauses
ist die mit hausgesetzlich anerkanntem Thronfolge-
recht ausgestattete herzogliche Linie Gelnhausen.
Für die Befestigung der Landeshoheit im Wit-
telsbachschen Hause waren von besonderer Wich-
tigkeit der Teilungsvertrag v. 19. 11. 1392, wo-
selbst der Grundsatz der agnatischen Erbfolge ver-
einbart wurde und das Testament Albrechts V.
v. 11. 4. 1578, in welchem endgültig die Unteil-
barkeit des Landes und die lineare Erbfolge nach
Erstgeburtsrecht festgesetzt wurden. Die Grund-
lage der monarchischen Thronfolgeordnung war
also hausgesetzlich lange vor Auflösung des Reichs
und Errichtung des bayerischen Staates geschaffen.
Vgl. jetzt Vu Tit. 11 § 2 und Tit. III §3 1.
Die bayerische Landeshoheit war nach zwei Sei-
ten hin öffentlichrechtlich bestimmt, nämlich durch
ihre Beziehung zu dem ständischen Organismus
des Reichs und durch die landständische Verfassung
des eignen Territoriums. In diesem doppelten
Verfassungsdasein wußte sich die Reg der Landes-
herrn nicht nur zu behaupten, sondern durch den