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Forstwesen (B. Forstpolizei)
tion einer unbestimmten Holzservitut die Natur
der Grundgerechtigkeit geändert.
Die FB stehen bald einzelnen, bald mehreren
Berechtigten in Vereinigung (Gemeinden, Ge-
nossenschaften) zu. Für die Entstehung der Servi-
tuten gelten besondere Rechtstitel (Vertrag, Ver-
jährung), allgemeine oder spezielle Gesetze oder
auch nur das Herkommen.
II. Einteilung. Die wichtigsten Wald-
nutzungs-Berechtigungen sind: a) Holzberechti-
gungen mit vielfacher Gliederung (Nutz-, Brenn-,
Stockholz, Wind-, Duft-, Schneebruchholz, Weich-
holz, Raff= und Leseholz, Brückenholz usw.).
b) Mastberechtigungen und sonstige Berechtigun-
gen auf Waldfrüchte. c) Harzberechtigungen.
) Waldstreuberechtigungen. e) Plaggenberechti-
gungen. f) Waldweideberechtigungen. g) Wald-
gräsereiberechtigungen.
Umfang und Inhalt der FB können hinsichtlich
der Menge und Güte, der Zeit und Art der Aus-
übung bestimmt oder unbestimmt sein.
Maßgebend für die Bemessung sind der Rechts-
titel, auf welchem die Berechtigung beruht, dann
gesetzliche Vorschriften und zwar solche des allge-
meinen bürgerlichen Rechts, wie auch die beson-
deren Bestimmungen der Forstgesetzgebung.
625. Entstehung. Die Entstehung der FB
reicht zum Teil bis in das frühe Mittelalter zurück,
die große Mehrzahl stammt jedoch aus der Zeit
vom 15. bis zum 17. Jahrhundert. Sie sind ent-
weder durch Verwandlung von genossenschaft-
lichem oder herrschaftlichem Eigentumsrecht in ein
bloßes servitutarisches Nutzungsrecht hervorge-
gangen, oder mittels eines konstituierenden Wil-
lensaktes (Verleihung, Schenkung, Vertrag) durch
Belastung der Waldungen seitens des Waldeigen-
tümers begründet oder endlich durch Verjährung
erworben. In den meisten Fällen kann die Ent-
stehung der jetzt vorhandenen FB nicht mehr oder
wenigstens nicht vollständig nachgewicsen werden.
Ihr Umfang ist im Lauf der Zeit bald mißbräuch-
lich erweitert, bald aber auch gewaltsam verringert
und geschmälert worden.
Von größter Bedeutung für die Geschichte der
FB war die Rezeption des römischen Rechts. Für
die äußerst verschiedenartigen Verhältnisse, welche
zu einem ganz erheblichen Teil im altdeutschen Ge-
samteigentum ihren Ursprung hatten, gelangten
nun die römisch-rechtlichen Grundsätze über Servi-
tuten zur Anwendung. Es war unmöglich, die
Verhältnisse, welche sich auf Grund ganz anderer
Rechtsanschauungen entwickelt hatten, ohne tief-
eingreifende Modifikation nach einer fremdartigen
Schablone zu behandeln. Zahlreiche Unzukömm-
lichkeiten des praktischen Lebens sowie die so häufig
sehr auseinandergehenden Urteilssprüche der Ge-
richtshöfe lassen sich vom historischen Standpunkt
aus einfach erklären.
Gegenwärtig ist die Neuerricht ung von
JFB entweder schlechthin verboten (Bayern, Sach-
sen, Baden, Koburg) oder es ist nur deren Er-
sitzung untersagt und die Bestellung unter be-
stimmten Bedingungen zugolassen, doch sind als-
dann die neuen Berechtigungen nach Maßgabe
der Gesetze ablösbar (Preußen).
§*26. Bedentung der Forstberechtigungen. Die
weitaus meisten Nutzungen, welche heute als FB
erscheinen, sind in der Zeit fast ausschließlicher
Naturalwirtschaft entstanden. Für die vorwiegend
bloß den Eigenbedarf produzierende landwirt-
schaftliche Bevölkerung, mit nur unbedeutendem
Geldkapital, war die unentgeltliche Waldnutzung
eine Bedingung, sowohl für die erste Ansiedlung,
wie für die spätere Existenz. Mit der Entwicklung
der Volkswirtschaft und der Verbesserung des land-
wirtschaftlichen Betriebes verloren diese Nutzun-
gen den angegebenen Charakter an einem Ort
früher, am anderen später; andererseits haben sie
sich bei dem Fortschreiten der Forstwirtschaft mehr
und mehr zu einem Hindernis für eine ratianelle
Benutzung des Waldes und die Erzielung der
höchstmöglichen Rente gestaltet. Die FB haben
heutzutage eine dreifache Bedeutung: a) für den
belasteten Wald und den Waldeigentümer, b) für
das berechtigte Grundstück und für den Berechtig-
ten und c) für das öffentliche Interesse des Staats
und der Gesellschaft.
Die Forderung der Befreiung der Wälder von
Servituten wird durch die Ansicht begründet, daß
die Servituten unmittelbar oder mittelbar eine
Schädigung der Waldsubstanz herbeiführen und
ein Hindernis wirtschaftlicher Verbesserungen sind.
Die Nachteile der Servituten für den Waldbesitzer
werden um so größer, je hochwertiger die Wald-
produkte, je intensiver der Wirtschaftsbetrieb, je
zahlreicher und umfangreicher die Servituten sind.
Neben schädlichen und hinderlichen FB gibt es
aber auch unschädliche, unter besonderen Umstän-
den läßt sich sogar ein Nutzen der FB für die
Waldwirtschaft nachweisen. Richtig bleibt, daß
bei hochentwickelter Waldwirtschaft und zahlreicher
Bevölkerung die FB in der Regel die Wirtschaft
schädigen und hemmen. Aber es ist unrichtig, daß
alle FB, oder daß die FB unter allen Umständen
dem Walde nachteilig sind.
Durch die Vervollkommnung der Landwirtschaft,
die Erweiterung des Verkehrs und die Vermehrung
der Arbeitsgelegenheit ist die Bedeutung der F
für die berechtigten Grundstücke und deren Wirte
in der Neuzeit erheblich abgeschwächt worden.
Immerhin gibt es aber noch Gegenden, in welchen
die alte Abhängigkeit der Landwirtschaft vom Wald
bestehen geblieben ist oder sich sogar noch gesteigert
hat. Ersteres ist der Fall in rauhen Gebirgswal-
dungen und auf armem Boden, wo die Landwirt-
schaft ohne Beihilfe des Waldes nicht lohnt, letzte-
res tritt namentlich da hervor, wo die unbeschränkte
Teilbarkeit eine Zersplitterung des Grundeigen-
tums bis zu dem Flächenmaß wirtschaftlicher Un-
selbständigkeit herbeigeführt hat. Hieraus ergibt
sich, daß es mit dem privatwirtschaftlichen Interesse
des Berechtigten zwar in vielen, aber nicht in allen
Fällen vereinbar ist, dic in den FB bestehende Ge-
meinbenutzung des Waldes aufzuheben.
In wirtschaftlicher Beziehung hat der Staat
ein erhebliches Interesse daran, daß diejenigen
Formen des Grundeigentums erhalten oder her-
gestellt werden, welche für die Gesamtproduktion
am vorteilhaftesten sind. Die staatswirtschaftliche
Bedeutung der FB ist demnach ebenfalls abhängig
von dem Zustand der wirtschaftlichen Entwicklung;
die Zusammenstellung und Vergleichung der pri-
vatwirtschaftlichen Bedeutung der FB für den
Waldeigentümer und den Berechtigten ergibt das
öffentliche Interesse. Weiter kommt aber auch in
Betracht, inwieweit durch die FB die wirtschaft-
liche Wohlfahrt des Volkes bedingt und bestimmt
wird. Die FB haben schließlich auch noch eine