Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
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Gendarmerie (Gemeinsames) 
  
2 Mte#O v. 1. 12. 98 bleiben die Vorschriften 
unberührt, wonach die Mitglieder des Gdie Korps 
der Militärstrafgerichtsbarkeit unterstellt sind. 
Das ist in Preußen gemäß Mt v. 3. 
4. 45 Teil II 1 der Fall; Gerichtsherr der 
Brigade= für das Standgericht, der zuständige 
Divisionskommandeur für das Kriegsgericht, der 
Chef der Land Gdie für das Oberkriegsgericht: 
die Bestätigungsorder wird durch den Brigadier, 
im übrigen durch den Chef der Gdie erteilt. Ent- 
sprechend für Baden und Hessen, wobei die 
ausführenden Vereinbarungen zu den Militär- 
konventionen zu beachten sind, sowie für Elsaß- 
Lothringen (G v. 6. 12. 73, GBl 331). In 
Bayern sind für mil. Delikte die Militärstrafge- 
richte (bloß höhere Gerichtsbarkeit, Divisions- 
kommandeur) nach MStEG#B v. 1869 zuständig. 
e)Die Disziplinar-Strafordnung 
für das deutsche Heer v. 31. 10. 72 und die Allerh. 
V über die Ehrengerichte der Offiziere im 
preußischen Heere v. 2. 5. 74 (Fassung v. 1910) 4 
Z. 4 kommen in ihrem Geltungsbereiche auch auf 
die militärisch organisierte Gdie zur Anwendung. 
Das ist jedoch bei der Doppelstellung des G. 
nicht als ausreichend zu erachten, da die Diszipli- 
nar-Strafordnung (§ 1) nur Handlungen gegen 
die militärische Zucht trifft, wogegen auch die 
dienstamtliche Stellung Berücksichtigung heischt. 
In verschiedenem Maße trägt dem Rechnung 
Bayern und Hessen, unzureichend (veraltet) 
Preußen (unten # 3 Z. 5). 
1) Nicht dagegen sind die Mitglieder der Gdie 
als Militärpersonen zu betrachten im Sinne des 
49 RMG (Ausübung des Wahlrechts), § 41 
(Ablehnung von Vormundschaften; deshalb un- 
berechtigt Z. 71 der preuß. Dienstvorschrift), & 44 
(Soldatentestament), § 45 (Beschränkungen für 
Zwangsvollstreckung und Abtretung ihrer Gehalts- 
ansprüche, dazu 998 44, 192) oder anderer 
Reichsgesetze, wie der ZPO. Doch wird hier z. B. 
für die Pfändungsbeschränkungen (§ 750 Z. 8, 
nicht Z. 5) einigermaßen durch die Einreihung der 
G. unter die „Beamten“ geholfen. In Fällen, 
wo die besondere Behandlung der Militärpersonen 
auf ihrer Unterstellung unter die Militärgerichts- 
barkeit beruht (z. B. § 390 8PO, 5 50 StP, 
wohin auch Ungebührstrafen aus §J 179 GVG zu 
zichen sein werden), müssen die G. nach den 
Grundsätzen unter c, als Militärpersonen behan- 
delt werden. Die G. können auch nicht das B 
v. 22. 12.68 (BGBl 571) wegen der Heranziehung 
der Militärpersonen zu Kommunalauflagen für 
sich geltend machen (partikuläre Verschiedenheit). 
Wo der Waffengebrauch für Militärpersonen beson- 
ders geregelt ist, wie in Preußen durch G v. 20. 
3. 1837, kommen für G. nicht diese Bestimmun- 
gen zur Anwendung (O 31, 445; das beachtet 
die „Dienstvorschrift" Z. 149c nicht genügend). 
II. Die Mitglieder der Gdie sind nach ihren 
Dienstpflichten polizeiliche Be- 
amte, mag auch zuweilen um der militärischen 
Organisation willen die „Amts“'pflicht gegen die 
„Dienst' pflicht zurücktreten (vgl. den Diensteid in 
Preußen). Das wird bedeutsam z. B für 534 Z. 6 
GVGG. In den Aufgaben ist die Gdie ubhängig von 
Zivilbehörden, die Mannschaften zur Exekutive, 
die Offiziere im wesentlichen zur allgemeinen 
Kontrolle über die Ausübung der Dienstpflichten. 
Die Doppelstellung kann z. B. sowohl den militä- 
  
  
  
  
  
rischen Vorgesetzten als der Zivilbehörde ein 
Strafantragsrecht aus §J 196 St GB geben (Röst 
29, 211, Rechtspr. 8, 512). Die Verschiedenheit 
der Organisation in den einzelnen Staaten hat 
aber auch hier zu einer nicht unbedenklichen Ver- 
schiedenheit geführt, indem die G. in den größeren 
deutschen Staaten auch r Hilfsbeamten 
der Staatsanwaltschaft im Sinne 
des §J 153 GVo bestellt sind (Bayern vgl. Krais“ 
2, 62, Sachsen, Württemberg Kal V v. 27. 9. 
79, Baden Landesh. V v. 12. 8. 79, §& 1 DienstO 
v. 1909, Hessen, Elsaß-Lothringen V RK 13. 6. 79 
#14), nicht dagegen in Preußen (Rt llI, 
175, Jur. Wochenschr. 06 S 255). Das ist für die 
Befugnis zu Beschlagnahmen und Durchsuchungen 
gemäß §§ 98, 105 St PO von Bedeutung (vgl. je- 
doch RöosSt 21, 47, OVG 28, 414). Aber auch in 
Preußen liegt ihre Tätigkeit nicht bloß in der Verw- 
Polizei, sondern zu einem guten Teil in der Kri- 
minalpolizei, vgl. die Anweisungen des Min Inn 
v. 7. S. 80 (MB.I 239) und 26. 10. 03 (Ml 243), 
f#erner v. 1. 3. 80 (Ml 71) über ihre Heran- 
ziehung zu Sitzungen des Schwurgerichts. 
Die höheren Anforderungen, die nicht zum 
wenigsten die Verwendung für die Kriminalpolizei 
andie Gstellt, bestimmen eine besondere Vorbildung. 
Gendarmerieschulen bestehen in Preu- 
ßen (Einbeck und Wohlau), Bayern (München), 
Baden (Karlsruhe). Für besondere kursorische 
Unterweisung ist auch anderwärts (Württemberg) 
gesorgt. 
III. Die Mitglieder der Gdie genießen einen 
Vorrang vor den Polizeibeamten, indem diese 
ihnen bei gemeinsamer Verwendung untergeord- 
net sind (ausdrücklich Hessen). In Preußen und 
Baden hat die Gdie sogar den Vorrang, wenn sie 
gemeinschaftlich mit den Linientruppen in Dienst- 
tätigkeit ist (pr. V § 9); anders allerdings Bayern 
(V v. 1908 5K 26). 
Alle Zivil- und Militärbehörden sind verpflich- 
tet, die Gdie in Ausübung ihrer Pflichten „kräf- 
tigst" zu unterstützen und ihnen die zur Aufrecht- 
erhaltung ihres Ansehens und Erreichung ihrer 
Bestimmung nötige Hilfe zu erweisen (§ 15 pr. V 
= 427 bayr. V). 
Das Gdie Korps nimmt eine „ehrenvolle Stel- 
lung“ im Staate ein (§ 38 bad. Dienst O). Das 
kommt auch in der Behandlung der G. zum Aus- 
druck. Die G. sollen deshalb auch für die Regel 
nicht zu niederen polizeilichen Dienstleistungen 
verwendet werden (z. B. nicht, um Kinder zur 
Schule zu bringen, pr. Mli B 1882 S 277), 
nicht zu gewöhnlichen Botendiensten (Preußen, 
Sachsen, Hessen). Auszeichnende Anerkennung 
der Dienste ist vorgesehen (Preußen, Baden: 
Charakter als Leutnant für Oberwachtmeister, 
die nach 30jähriger Dienstzeit ausscheiden). Der 
Wahrung des Ansehens und der Unabhängigkeit 
ihrer Stellung dienen auch Verbote oder besondere 
Einschränkungen für den Erwerb oder Nebenbe- 
schäftigungen der G. selbst und ihrer Angehörigen 
(Preußen Dienstvorschrift § 53, Baden 7 61, 
Württemberg § 39) und die für die Eheschließung 
erforderliche Genehmigung, u. U. mit besondern 
Schranken (Preußen Dienstvorschrift § 68, Bayern 
g 18, Württemberg §§ 15, 37). 
#§ 3. Preußen. Die Gdie als eine Exekutive 
für alle Zweige der Staatsverwaltung ist (provi- 
sorisch) durch das Gendarmerieedikt v. 30. 6. 1812
	        
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