Gewerbe (I. Gewerbepolizei)
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ort zuständigen BerwBehörde ausgestellt und ent-
hält den Namen des Inhabers sowie den Namen
der Person, in deren Diensten er handelt, und
die nähere Bezeichnung des GewBetriebs. Ist der
Reisende aber im Besitz einer Gewerbe-
legitimationskarte, wie sie in den Zoll-
vereins= und Handelsverträgen (NI vorgesehen ist,
so bedarf er solcher Legitimationskarte nicht. Diese
ist nur dann zu versagen, wenn die Voraus-
setzungen vorliegen, unter welchen der Wander-
gewerbeschein versagt werden muß (vgl. #3).
Unter den entsprechenden Voraussetzungen kann
die Zurücknahme der Legitimationskarte erfolgen.
Gegen Versagung und Zurücknahme findet wie
beim Wandergewerbeschein Rekurs statt. Ebenso
wie der Inhaber des Wandergewerbescheins muß
auch der Inhaber der Legitimationskarte und
Gemw Legitimationskarte diese stets bei sich führen
und den zuständigen Beamten vorzeigen (# 44a
Gewo). .
s 5. Der Meß= und Marktverkehr ist eine
Form des stehenden Gewerbes, aber mit beson-
deren charakteristischen Merkmalen. Ihm unter-
stehen nicht nur die den Markt beschickenden Ge-
werbetreibenden, sondern auch die ihn zum Ab-
satz ihrer Produkte besuchenden Landleute.
Der Markt ist eine mit gewerblichen Vorrech-
ten ausgestattete Einrichtung öffentlicher
Natur, welche behäördlicherseits entweder ver-
anstaltet oder genehmigt und geregelt ist zu dem
Zwecke, um den Verkäufern gewisser Waren Ge-
legenheit zu geben, zu bestimmter Zeit auf einem
bestimmten Platze Waren feilzuhalten.
Die Märkte sind entweder allgemeine, und
dann Jahr- oder Wochenmärkte, oder Spezial-
märkte für besondere Gelegenheiten, wie Kirch-
weihmärkte, oder für bestimmte Warengattungen
wie Vieh-, Wollmärkte.
Für die allgemeinen Märkte besteht der Grund-
satz der Markt freiheit. Der Besuch der
Messen, Jahr- und Wochenmärkte und Kauf und
Verkauf auf ihnen steht jedem Marktbesucher,
ohne Unterschied ob er einheimisch ist oder von
auswärts kommt, mit gleichen rechtlichen Befug-
nissen zu. Nur für Ausländer, und auch für diese
nur als Erwiderung der im Auslande gegen
Reichsangehörige angeordneten Beschränkungen,
kann der Bundesrat Beschränkungen des Markt-
verkehrs anordnen. Näheres über Zeit und Ort,
Besuch der Märkte, über die Gegenstände des
Marktverkehres, die Abgaben Markt.
# 6. TDer stehende Gewerbebetrieb. Unter
diesen fallen alle diejenigen gewerblichen Betäti-
gungen, welche nicht unter den Begriff des Gew-
Betriebs im Umherziehen zu bringen sind, also
auch der ambulante Gew Betrieb, der des Hand-
lungsreisenden (oben #§ 4) und derjenige, der im
Marktverkehr (§ 5) vor sich geht. Soweit nicht für
diese Betriebsformen Beschränkungen vorgesehen
sind, wird der stehende Gewetrieb von dem
Grundsatze der Gewerbefreiheit be-
herrscht dergestalt, daß jeder jedes stehende Ge-
werbe betreiben und in diesem in beliebiger Zahl
Gesellen, Gehilfen, Arbeiter jeder Art, sowie Lehr-
linge annehmen darf. Indessen ist dieser Grund-
satz auch hier kein unbeschränkter. Hinsichtlich der
Annahme von Lehrlingen sind namentlich für das
Handwerk in erheblichem Umfang einschränkende
Vorschriften getroffen; die Anstellung und Be-
schäftigung von Arbeitern findet ihre Grenze in den
gesetzlichen Bestimmungen über Arbeiterschutz und
Sonntagsruhe; die selbständige Ausübung des
Handwerks ist durch mancherlei gesetzliche Vor-
schriften eingeengt (# Arbeiter, gewerbliche; Lehr-
lingswesen; Handwerkl.
„Gewisse Gewerbsarten sind von einem Be-
fähigungsnachweis abhängig gemacht. Es
bedürfen Hebammenlhleines Prüfungszeug-
nisses der nach den Landesgesetzen zuständigen Be-
hörden, welches stets nur für das Gebiet des be-
treffenden Bundesstaates gilt, wie auch im übri-
gen das Hebammenwesen dem Landesrechte vor-
behalten ist. Apothekerl#ll dürfen ihr Gewerbe
nur ausüben, wenn sie im Besitz einer Appro-
bation sind, die auf Grund eines Nachweises der
Befähigung erteilt wird. Auch die Berufstätig-
keit des Arztes (I ist von einer solchen Appro-
bation insofern abhängig, als er sich als solcher
oder mit einem gleichbedeutenden Titel nur dann
bezeichnen oder seitens des Staats oder einer Ge-
meinde als solcher nur dann anerkannt oder mit
amtlichen Funktionen betraut werden darf, wenn
er sich im Besitze der Approbation befindet
(+28 GewO). Seeschifferl# llf Seesteuer-
leute, Maschinisten der Seedampfsschiffe
und Lotsen [I müssen sich über den Besitz der
erforderlichen Kenntnisse durch ein Befähigungs-
zeugnis der zuständigen Verw Behörde, d. i. in
Preußen desjenigen Reg Präsidenten ausweisen,
in dessen Bezirke die Prüfung stattgefunden hat.
Die Vorschriften über den Nachweis dieser Be-
fähigung sind vom Bundesrat auf Grund gesetz-
licher Ermächtigung mit Bek v. 16. 1. 04 und
14. 3. 06 (RBl 3 und 427) erlassen (§ 31 Gew0).
Ebenso ist der Bundesrat durch die Gesetze betr.
die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnen-
schiffahrt und der Flößerei v. 15. 6. 95, Ro#Bl 301
und 341 befugt, Bestimmungen über den Be-
fähigungsnachweis der Schiffer und Maschinisten
für Binnenschiffe sowie der Floßführer zu treffen.
Bezüglich der Schiffahrt auf Seen, welche keine
fahrbaren Verbindungen mit einer anderen Was-
serstraße haben, steht die Befugnis der Landes-
regierung zu. Für Schiffer und Lotsen auf Strö-
men kommen die etwaigen in besonderen Staats-
verträgen, wie insbesondere der Rev. Rhein-
schiffahrtsakte, der Donauschiffahrtsakte, der Addi-
tionalakte zur Elbschiffahrtsakte, der Weserschiff-
fahrtsakte getroffenen Bestimmungen zur An-
wendung. Endlich kann auch der Betrieb des
Hufbeschlaggewerbes durch die Lan-
desgesetzgebung mit der Maßgabe von der Bei-
bringung eines Prüfungszeugnisses abhängig ge-
macht werden, daß das erteilte Prüfungszeugnis
für den Umfang des Reichs gilt (§ 30 a Gew0O).
Derartige Vorschriften sind ergangen für Preu-
ßen durch G v. 18. 6. 84 (GS 305), Bayern
durch G v. 1. 3. 84 (GWVBl 79), Sachsen
durch G v. 16. 4. 84 (GVBl 135), Württem-
berg G v. 28. 4. 85 (Reg Bl 79), Baden
Gv. 5. 5. 84 (GVBl 141), Hessen G v. 30.
6. 85 (Reg Bl 121), Elsaß-Lothringen
Gv. 5. 5. 90 (GBl 35). Aehnliche Bestimmungen
gelten hinsichtlich des Gewerbes der Markschei-
der (NI, bezüglich dessen ebenfalls landesgesetzlich
vorgeschrieben werden kann, daß es nur von Per-
sonen betrieben werden darf, welche als solche ge-
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