Grundsteuer (Kataster)
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preise in einem Geldanschlage angesetzt werden.
An diese Mustergrundstücke werden nun die ein-
zelnen Liegenschaften angeglichen und dann in
eine bestimmte Klasse (Bonität, Bonitätsklasse)
eingereiht. Diese Bonitierung kann entweder
von den einzelnen Grundstücken (Parzellen) aus-
gehen und dann gelangt man zu einem Par-
zellarkataster, oder daran schließt die
Schätzung von Grundstückseinheiten (Komplexe)
an und dann entsteht ein Gutskataster.
2. Der Wertkataster. Dieser nimmt
den Geldwert (gemeinen Wert, Verkehrswert) der
Grundstücke zum Ausgangspunkt und operiert
mit der Voraussetzung, daß der Preis der Liegen-
schaften ein kapitalisierter Ertrag ist, was im ein-
zelnen Falle nicht ohne weiteres zutrifft. Auch
die zeitliche und örtliche Verschiedenheit des Zins-
fußes macht seine Wirkung geltend. Der Wert-
kataster wird da gewählt, wo die Grundstücke im
Zentrum eines regen, wirtschaftlichen Verkehrs
liegen und ein häufiger Besitzwechsel hinlänglich
zuverlässige Grundlagen für seine Aufstellung dar-
bietet. Wo diese Voraussetzungen fehlen, wird
der Ertragskataster vorzuziehen sein. Der Wert-
kataster wird da ohne weiteres zugrunde zu legen
sein, wo die GSt nach dem Kapitalwert zu einer
Vermögens St-Partiale umgebildet werden soll.
3. Die Turchführung des Katasters. Quo-
titäts--- und Repartitionsstener.
I. Die Herstellung des Katasters vollzieht sich
demnach in drei Stadien: Vermessung, Klassifi-
kation, Eviden zhaltung und Revision.
1. Die Vermessung des Bodens.
Die erste Operation für einen modernen Kataster
ist die genaue Landesvermessung. Sie geschieht
mit Hilfe der Trigonometrie durch Bildung von
Dreiecken oder Triangulierung. Zu dieser Auf-
gabe sind besondere Behörden, Kataster-
ämter, berufen, die sich an die sonstige Gliede-
rung der Finanz= und Landesbehörden anschlie-
ßen. Zu den Vermessungsarbeiten selbst werden
amtliche Landmesser (NI bestellt, während die
ganze Operation durch Kommissionen unterstützt
und ausgeführt wird, die neben Staats= und Ge-
meindebeamten Mitglieder aus den verschiedenen
Volkskreisen als Vertretungsorgane, Sachver-
ständige und Ortskundige enthalten. Auf Grund
dieser Arbeiten werden topographische Karten
angefertigt, die in graphischer Darstellung die
Messungsresultate enthalten. Sie geben dann
Lage und Kulturart der verzeichneten Grundstücke
wieder.
2. Klassifikation und Bonitie-
rung. Für die Klassifikation schreiben die Ge-
setze die Kulturarten vor, die unterschieden wer-
den sollen, und die Zahl der Bonitätsklassen, die
im Schätzungsbezirke gebildet werden dürfen.
Auf Grund dieser Vorschriften werden in jedem
Distrikte die Kulturarten und Boni-
tätsklassen ermittelt und es wird für jede
Flächeneinheit (Morgen, Tagewerk, Hektar), für
jede Kulturart und Bodenklasse derjenige Tarifsatz
festgestellt, der dem wirklichen Ertrag am nächsten
kommt. Durch Aufstellung von Mustergrund-
stücken und Angleichung an Typen (7 2 II 1) wird
die ganze Operation vereinfacht und beschleunigt.
Hierauf findet durch besondere Ausschüsse unter
Beiziehung von Sachverständigen und Interessen-
ten der Gemeinden die Bonitierung oder
Klassierung (Einschätzung) sämtlicher Grundstücke
mittels Bergleich mit den Typen in die Klassen des
Tarifs statt. Kleinere Unterschiede bleiben dabei
unberücksichtigt. Auch bei der Klassierung sind
weitere Ueberprüfungen, Reklamationsinstanzen
usw. eingerichtet. Eine obere Kommission bringt
dann die Resultate endgültig zum Abschluß. Bei
Prüfung, Reklamation und endgültiger Feststel-
lung des Katasters ist es allgemeiner Grundsatz,
daß die höhere Kommission die Ergebnisse der
nachgeordneten überprüft, wobei die Interessen-
ten und Sachverständigen gehört werden und ihnen
eine bestimmte Einwirkung auf die Katasterarbei-
ten einzuräumen ist. Im Anschluß an den Aus-
weis des Katasters werden für die einzelnen
steuerpflichtigen Liegenschaften nach Hebe= oder
Gemeindebezirken Flurbücher oder Mut-
terrollen eingerichtet, die neben den Eigen-
tumsverhältnissen alle auf die GSt bezüglichen
Tatsachen aufnehmen. Und nach diesen wird dann
die GStchuldigkeit berechnet und ausgeschrieben.
3. Die Evidenzhaltung und Re-
vision. Nach Abschluß des Katasters müssen
seine Angaben mit den tatsächlichen Verhältnissen
dauernd in Einklang erhalten werden. Dies ge-
schieht durch Evidenzhaltung und Revision. In
den Flurbüchern müssen daher alle eingetretenen
Veränderungen nachgetragen, „bei Gegenwart“
oder „evident“ gehalten werden. Neben den hier
besonders wichtigen Eigentumsverhältnissen sind
auch andere Umstände evident zu halten, die Ent-
stehung oder Aufhebung der St Pflicht (Bebauung
landwirtschaftlicher Grundstücke) begründen oder
eine Veränderung des Reinertrags bedingen
(Verwandlung von Unland in Ackerland). Da-
gegen werden die durch einen Wechsel der Kultur-
art oder durch Meliorationen herbeigeführten
Veränderungen des Ertrags regelmäßig erst nach
Ablauf der Revisionsperiode des Katasters be-
rücksichtigt. — Die Revision oder Erneue-
rung der Kataster sollte in nicht zu langen Fristen
vorgenommen werden, um die Veränderlichkeit
der Reinerträge des Bodens zu berücksichtigen.
Die GStesetze bestimmen daher die Jahres-
perioden, nach deren Ablauf eine Revision vorzu-
nehmen ist (meist 15—30 Jahre). Da aber die
Revision regelmäßig einer völligen Neukatastrie-
rung gleichkommt und darum sehr hohe Kosten
und einen beträchtlichen Zeitaufwand erfordern
würde, so ist sie regelmäßig ganz unterblieben und
hat man sich mit den veralteten Katastern beholfen
und sich auf die dringendsten Korrekturen be-
schränkt. Wo das Bedürfnis einer Neukatastrie-
rung stärker hervorgetreten ist, war man neuer-
dings mehr und mehr geneigt, den Wertkataster
anzunehmen, zu dem man durch inzwischen neu
eingeführte St (Vermögens St) neue und zu-
verlässigere Unterlagen gewonnen zu haben
glaubt (z. B. einzelne preußische Provinzen).
II. Endlich kann die GSt entweder in einem
festen Prozentsatze vom katastralen Reinertrag als
Quotitätssteuer erhoben werden, wie
in Bayern, Württemberg, Sachsen, Hessen,
Elsaß-Lothringen usw. oder sie ist Reparti-
tionssteuer, wie in Preußen. Im letzteren
Fall ist die Kontingentierung der GSt (Repar-
titionssumme) eine dauernde oder sie wird auf
längere oder kürzere Perioden festgestellt. Auch
dadurch wäre an sich eine Korrektur der veralteten