Haftung Dritter (Besondere Prozeßarten, Vollstreckung)
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richtet ist. Selbst da aber, wo der Gesetzestext ein
arichterliches Urteil“ verlangt (so Zigarett St G
v. 3. 6. 06 5J 21, Schaumwt# v. 9. 5. 02 5.20)
wird der Strafbefehl, weil prozessual im Range
eines Urteilssurrogats stehend, für zulässig zu
erachten sein.
Gegen den Strafbefehl, der sich gegen den
eigentlichen Beschuldigten und den Haftbaren
richtet, hat jeder von Beiden den Einspruch.
Legt nur einer von ihnen Einspruch ein, so gilt
Entsprechendes, wie hinsichtlich der Anfechtung
eines Strafbescheids, unten Ziff. 3.
2. Gegen die Einspannung der H. Verhängung
in das Forst= oder Feldrügeverfah-
ren ergeben sich, soweit die Tat selber ein Forst-
oder Feldrügedcelikt ist, keine Bedenken.
3. Soweit nicht das Gesetz ein richterliches Er-
kenntnis oder Urteil erfordert (S. 316 Sp. 2), ist
bei Zoll- und Steuerdelikten auch mit bezug auf
die H. das administrative Strafbe-
scheidsverfahren zulässig (vgl. Preuß. G#
über das Verw Strf f. 2, 36 III, Württ.
Fisk Str Pr G a 30 III, 31). So auch die gemeine
Meinung (nicht zutreffend Bennecke-Beling, Lehr-
buch d. Rotr Pr. 668 Anm. 3). Die Bedenken,
die hiergegen aus der Nichterwähnung der H. in
St PO 8 459 hergeleitet werden, erledigen sich
durch die oben Ziff. 1 S. 320 angeführten Erwä-
gungen. Auch würde die Versperrung des Straf-
bescheidsweges mit Rücksicht auf das oben S. 316ff.
Angeführte die Folge haben, daß dann wohl oder
übel auch die Strafverhängung gegen den eigent-
lich Schuldigen an die Gerichte gebracht werden
müßte.
ist (AM Pötsch); nur verliert auch hier der Strafbe-
Gegen den Strafbescheid hat der Haftbare die
gewöhnlichen Rechtsbehelfe, also namentlich auch
den Antrag auf gerichtliche Entscheidung (vgl.
Preuß. G über das Verw Strf Vf. 5 38, Württ.
Fisk Str Prch a 32). Beruhigt sich der Haftbare
bei dem Strafbescheid, während der eigentliche
Beschuldigte an das Gericht oder die höhere Verw-
Instanz geht, so wird damit nicht (wie Katzenstein
annimmt) der ganze Strafbescheid hinfällig, viel-
mehr devolviert an das Gsericht bezw. die höhere
VerwBehörde zunächst lediglich die eigentliche
Strafsache; nur bewirkt ev. deren Ausgang das
Zusammensinken des Strafbescheids in seinem
gegen den Dritten gerichteten Teile. Vgl. S. 320
oben. Für die alsdann ev. erforderlich werdende
neue Verhängung der Haftbarkeit (S. 320 Mitte)
bedarf es dann der Zuziehung des Dritten.
Beruhigt sich umgekehrt der cigentliche Beschul-
digte bei dem Strafbescheid, während der Haft-
bare an das Gericht oder die höhere Verw Behörde
geht, so devolviert dorthin nur die H.Angelegen-
heit, diese aber so, daß die Tat und ihre Strafbar-
keit in diesem Rahmen (also ohne Hinüberwirken
auf die Verurteilung des eigentlich Schuldigen)
neu zu prüfen sind. Vgl. S. 320 Sp. 1 unten.
Ruft endlich einer der beiden durch den Straf-
bescheid Betroffenen das Gericht, der andere die
höhere Verwnstanz an, so tritt eine vollständige
Trennung ein, die Sache teilt sich, und der eine
Teil devolviert an das Gericht, der andere an die
höhere Verw Behörde. Beide Verfahren sind von
einander unabhängig, insbesondere braucht dic mit
dem Haftbaren befaßte Verw Behörde nicht zuzu-
warten, bis im gerichtlichen Verfahren Rechts-
kraft gegen den eigentlich Schuldigen eingetreten
scheid gegen den Haftbaren seine Wirksamkeit,
wenn seine Grundlage, der Strafausspruch, nicht
bei Bestand bleibt. Soll dann in diesem Falle
die H. von neuem ausgesprochen werden, so be-
darf es wiederum der erneuten Zuziehung des
Dritten.
4. Soweit nicht das Gesetz ein richterliches Er-
kenntnis oder Urteil erfordert (S. 316 Sp. 2), ist
endlich auch eine polizeiliche Straf-
verfügung, die auf Verhängung der H.
lautet, zulässig, insoweit die Tat, für die gehaftet
wird, in dieser Form abgerügt werden kann. Auch
hier wie zu 1 und 3 ist aus dem Fehlen der „Haf-
tung“ in dem grundlegenden & (453) der StPO
ein Argument gegen die Zulässigkeit dieser Pro-
zedur nicht herzuleiten. Ueber Rechtsbehelfe ge-
gen a Strafverfügung gilt Entsprechendes wie
zu Ziff. 3.
87. Bollstreckung der Haftung gegen den Haft-
baren kann nach dem oben S. 320 Dargelegten
immer nur im Zusammenhalt mit einer rechts-
kräftigen Entscheidung gegen den eigentlich Schul-
digen erfolgen; sie muß in diesem Sinne doppelt
tituliert sein.
1. Liegt aber der Doppeltitel vor, so ist die Voll-
streckung gegen den Haftbaren auch dann zu-
lässig, wenn diejenige gegen den eigent-
lich Schuldigen gehemmt oder un-
möglich wird, also namentlich wenn Letz-
terer stirbt oder begnadigt wird oder die Voll-
streckung gegen ihn verjährt. In voller Reinheit
gilt dieser Satz allerdings nur für die Solidar H.;
für die Subsidiar H. wird er durch die dieser an-
haftende Bedingung der „Nichtbeitreiblichkeit"
modifiziert.
2. Die Verurteilung zu fubsidiärer Haf-
tung ist nämlich ihrem Wesen nach eine Ver-
urteilung zu bedingter Leistung.
Und zwar muß bei ihr überall die Vollstreckung
gegen den Haftbaren als dadurch bedingt gelten,
daß ein regelrechter vollstreckungsmäßiger ver-
geblicher Beitreibungsversuch gegen den eigentlich
Schuldigen gemacht worden ist. Dics auch da,
wo im Gesetz nur das „Unvermögen" des Letzteren
als Bedingung genannt ist (vgl. S. 311 a. E.).
Damit ist nämlich nur die materiellrechtliche Vor-
aussetzung der H. bezcichnet. Daß prozessual die
vollstreckungsmäßige Feststellung des Unvermö-
v. Stengel.- Fleischmann, Wörterbuch 2. Aufl.
gens erforderlich ist, ergibt sich aus dem dem Haft-
baren notwendig zu gewährenden Interessen-
schutz.
Hierbei muß notwendig die Beitreibung gegen
den eigentlich Schuldigen erschöpfend versucht
worden sein, also auch in das etwaige unbeweg-
liche Vermögen (so auch Pötsch). Doch steht die
Eröffnung des Konkurses über ihn dem Beitrei-
bungsversuch hinsichtlich der Geldstrafen gleich,
weil Geldstrafen vom Konkurse ausgeschlossen
sind, und damit jedenfalls pro nunc ihr Ausfall
bewirkt ist.
Diese Eigentümlichkeit der Verurteilung zu
Subsidiär H. bringt es mit sich, daß alle Ereig-
nisse, die das Vorgehen gegen den eigentlich
Schuldigen aufschieben oder vereiteln,bevor ein
fruchtloser Beitreibungsversuch gegen ihn ge-
macht ist, auch die Inanspruchnahme des Haft-
baren aufschieben oder vereiteln (so Tod, Begna-
digung des Ersteren, sowie Verjährung der Voll-
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