Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Handwerk (Meister) 
  
gen und Gesellenbriefen, auf welchem Gebiet 
ihren Wünschen die gegenwärtige Gesetzgebung 
schon in hohem Maße gerecht wird, ihnen aber 
wohl noch in weiterem Maße entgegenkommen 
kann, sowie eine Reihe kleinerer Mittel, die wie 
Regelung des Submissionswesens, der Gefängnis- 
arbeit und ähnl. eine Förderung des H. bewirken. 
sollen, sondern insbesondere auch weitere Ausge- 
gestaltung der durch die Nov. von 1897 geschaffe- 
nen Zwangsinnungen, und die Wiedereinführung 
des Befähigungsnachweises. Dieser war 
nach der GewO von 1845 die Vorbedingung für 
die Zulassung zum Betrieb einer großen Anzahl von 
Gewerben gewesen, hatte sich aber auf die Dauer 
als nicht durchführbar erwiesen und war in der 
GewO von 1869 nur für solche Berufstätigkeiten 
vorbehalten worden, die eine sachkundige Aus- 
übung erfordern) wenn sie nicht wie das Gewerbe 
des Apothekers (J) der Hcbammel' , des Lotsen (Tj 
Leben und Gesundheit des Mitmenschen gefährden 
wollen. Im weiteren Verlaufe der Gesetzgebung 
wurde er noch für Maschinisten auf Seedampf- 
schiffen und für das Hufbeschlaggewerbe für zweck- 
mäßig erachtet [X Gewerbepolizei S. 2431. Seine 
allgemeine Einführung erschien aber unausführ- 
bar; dagegen gelangte die Nov. v. 30. 5. 08 zu 
dem sog. kleinen Befähigungsnachweise, dem zu- 
folge die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen 
nur solchen H. Personen zusteht, die das 24. Le- 
bensjahr vollendet und die Meisterprüfung abge- 
legt haben. Ein weiteres Entgegenkommen auf 
diesem Gebicte bedeutet der gesetzliche Schutz, der 
dem Meistertitel gewährt ist (vgl. 8 3). 
§ 3. Der Handwerksmeister. Weite Kreise des 
Handwerkerstandes, namentlich diejenigen der 
Baugewerbe legen großen Wert darauf, den alten 
Meistertitel dadurch wieder zu Ehren zu bringen, 
daß seine Führung nur solchen Handwerkern ge- 
stattet wird, welche nach Zurücklegung der Lehr- 
und Gesellenzeit eine förmliche Meisterprüfung 
bestanden haben. Diesen Wünschen hat die Ge- 
setggebung Rechnung getragen, indem sie im §& 133 
GewoO den Grundsatz aufstellte, daß den Meister- 
titel in Verbindung mit der Be- 
zeichnung eines Handwerks nur 
solche Handwerker führen dürfen, welche für die- 
ses H. die Meisterprüfung bestanden und das 24. 
Lebensjahr zurückgelegt haben. Wer indessen zur 
Zeit des Inkrafttretens der Nov. v. 26. 7. 97 
persönlich ein H. selbständig ausübte, ist befugt 
den Meistertitel zu führen, wenn er in diesem Ge- 
werbe die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen 
besitzt (a 3 Nov. v. 30. 5. 08 in Verbindung mit 
a 8 der Nov. v. 26. 7. 97), ohne Rücksicht darauf, 
wamn er diese Befugnis erworben hat oder er- 
wirbt. 
Insbesondere für das Baugewerbel ist der 
Mißbrauch zu befürchten, daß der Meistertitel zwar 
nicht in Verbindung mit der Bezeichnung eines be- 
stimmten H., wohl aber in Verbindung mit Bezeich- 
nungen gebraucht wird, unter denen der Sprach- 
gebrauch die Tätigkeit in verschiedenen. H. zu- 
sammenfaßt, so daß der bedeutsame Titel eines 
Baumeisters ohne Erfüllung der gesetzlichen Vor- 
aussetzungen geführt werden dürfte, während der 
geringere Titel etwa eines Maurermeisters dem 
nicht Berechtigten untersagt wäre. Hiegegen trifft 
die Bestimmung Vorsorge, daß die Befugnis zur 
Führung eines Meistertitels in Verbindung mit 
  
einer anderen Bezeichnung, die auf eine Tätigkeit 
im Baugewerbe hinweist, insbesondere des Titels 
Baumeister und Baugewerksmeister durch den 
Bundesrat geregelt wird, und daß bis zum In- 
krasttreten des Bundesratsbeschlusses ein solcher 
Titel nur dann geführt werden darf, wenn die 
Landesregierung über die Befugnis zu seiner Füh- 
rung Vorschriften erlassen hat, und nur von den- 
jenigen Personen, welche diesen Vorschriften ent- 
sprechen. Insoweit solche landesgesetzlichen Vor- 
schriften nicht erlassen sind, was z. B. für Preu- 
ßen, Bayern, Elsaß-Lothringen gilt, darf mithin 
ein derartiger Titel nicht geführt werden, solange 
die Regelung durch den Bundesrat nicht erfolgt 
ist (für Sachsen vgl. V v. 12. 2. 03, GVBl 250, 
für Württemberg Vsig v. 26. 4. 02 und 23. 12. 06, 
Reg Bl 163 und 07 S 1). Insoweit H. Arten be- 
stehen, für welche der Meistertitel nicht gebräuch-- 
lich ist, wie z. B. hinsichtlich des Konditors, In- 
stallateurs, Graveurs u. a. soll es dann umgekehrt 
wieder dem Bundesrat überlassen sein, entspre- 
chende Vorschriften über die Führung des Mei- 
stertitels in Verbindung mit solchen Bezeichnun- 
gen zu erlassen (§ 133 Abs 2 GewO). 
Zur Meisterprüfung kann nicht jeder 
Handwerker ohne weiteres zugelassen werden. 
Ob die Zulassung zu erfolgen hat, darüber ent- 
scheidet vielmehr die Prüfungskommission, deren 
Errichtung nach Anhörung der H.Kammer durch 
die höhere VerwBehörde (Preußen Reg Prä- 
sident, für Berlin und Danzig Oberpräsident, 
Bayern Kreisregierung, Sachsen Kreis- 
hauptmannschaft, Württemberg Verwüus- 
schuß der Zentralstelle für Gewerbe und Handel, 
Baden Landeskommissär, Hessen Min Inn, 
Elsaß---Lothringen Bezirkspräsident in 
Straßburg) unter Ernennung der Mitglieder für 
3 Jahre erfolgt. Kann nun auch die Prüfungs- 
kommission nach ihrem Ermessen über die Zulas- 
sung entscheiden und z. B. auch den Besuch einer 
Fachschule als genügende Vorbereitung erachten, 
so stellt das Gesetz selbst doch die Regel auf, 
daß die vorherige Ablegung der Gesellenprüfung 
die Voraussetzung für die Zulassung zur Meister- 
prüfung bildet, wobei jedoch die Gesellenprüfung 
nicht in demjenigen Handwerk abgelegt zu sein 
braucht, für welches die Meisterprüfung abgelegt 
werden soll. Außerdem soll der Kandidat in dem 
Gewerbe, für welches er die Prüfung ablegen 
will, in der Regel mindestens 3 Jahre als Geselle 
tätig gewesen sein oder auf Grund von Zeug- 
nissen von Lehrwerkstätten und dergl. nach Maß- 
gabe des & 129 Abs 6 Gew) zur Anleitung von 
Lehrlingen in dem Gewerbe befugt sein. Lehnt 
die Prüfungskommission die Zulassung ab, so be- 
steht ein Beschwerderecht bei der vorgenannten 
höheren VerwBehörde, die rerseits, wofern sie 
der Beschwerde stattgeben will, vorher die H. Kam- 
mer zu hören hat (§5 133 Abs 3—5 GewO). Die 
Prüsungskommission besteht aus einem Vor- 
sitzenden und 4 Beisitzern. Das Verfahren vor der 
Prüfungskommission, der Gang der Prüfung und 
die Höhe der Prüfungsgebühren werden durch 
eine von der H. Kammer mit Genehmigung der 
Landes-Zentralbehörde zu erlassende Prüfungs- 
ordnung geregelt (vgl. für Preußen Z. 214 
bis 217 der Ausf. Anw v. 1. 5. O4 und den Min E 
v. 16. 9. 01, HMBl 222 mit Meisterprüfungs- 
ordnungen, Sachsen Min V v. 8. 8. 02,
	        
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