Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Zweiter Band. G bis N. (2)

  
Hessen (B. Behördenorganisation) 
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Behörden, Anstalten und Kommissionen un- 
mittelbar unterstellt, so namentlich die hessischen 
Gesandtschaften und Konsulate, die Bevollmäch- 
tigten zum Bundcsrate, der Territorialkommissär 
bei der Festung Mainz, das Haus-- und Staats- 
archiv und, in bestimmten Beziehungen, der 
VBerwaltungsgericht#hof und die 
Oberrechnungskamm 
1. . Einzehentnsterlen Vamentlich das 
Ministerinm des Innern. 
I. Die Einzelministerien bestehen aus 
je einem Ministerialvorstande, mit dem Titel eines 
Ministerialpräsidenten oder eines Ministers, und 
der erforderlichen Zahl von Hilfsbeamten und 
Kanzleipersonal. Die Organisation der Mini- 
sterien ist vorbehaltlich der wenigen Ausnahme- 
Fälle, in welchen kollegialiter zu entscheiden ist, 
rein bureaumäßig. Besondere Grundsätze gelten 
jedoch für die in den einzelnen Ministerien ein- 
gerichteten sog. Ministerialabteilungen. 
Diese sind, unbeschadet der im einzelnen bestehen- 
den Verschiedenheiten, kollegial organisiert; sie 
besitzen die Eigenschaft von sog. Zentralmittel- 
stellen, d. h. sie haben in Unterordnung unter 
den Ministerialvorstand bestimmte, ihnen aus- 
drücklich übertragene Geschäfte selbständig für 
das ganze Staatsgebiet zu besorgen. Gegen ihre 
Beschlüsse ist regelmäßig der Rekurs an das Mi- 
nisterium zulässig. 
Die drei Einzelministerien sind: Das Min Inn 
mit den drei Abteilungen für Schulangelegen- 
heiten, für öffentliche Gesundheitspflege, und für 
Landwirtschaft, Handel und Gewerbe; das Min 
der Justiz und das Min der Finanzen; letzteres 
mit den vier Abteilungen für Steuerwesen, für 
Forst= und Kamecralverwaltung, für Bauwesen 
und für Finanzwirtschaft und Eisenbahnwesen 
(V v. 3. 8. 74; 28. 12. 76; 17. 1. 00; 30. 5. 00; 
6. 5. 03). Abgesehen von den Lokalbehörden für 
die Hauptverwaltungszweige sind den Einzel- 
ministerien noch je eine Anzahl von Behörden 
unterstellt, welche, wenn auch nicht durchweg hin- 
sichtlich ihrer materiellen Entscheidungen, 
so doch in formeller Beziehung und in bezug auf 
Dienstaufsicht usw. als subordinierte Behörden 
erscheinen, wegen ihrer sonstigen Stellung und 
ihres räumlichen Wirkungskreises aber als mittel- 
bare Zentralbehörden oder als Zentralmittel- 
stellen zu betrachten sind. In dieser Stellung be- 
finden sich beispielsweise gegenüber dem Min Inn: 
die Organe der Denkmalpflege [#Ilf, das Gendar- 
meriekorps (Vl, die Ersatzbehörden, verschiedene 
Prüfungskommissionen, dic Hochschulen, die Zen- 
tralstelle für die Landesstatistik, das Landesver- 
sicherungsamt (Jl, die Brandversicherungskammer, 
die obere Bergbehörde; (K Feuerversicherung, 
Bergwesen] — gegenüber dem Justizministerium: 
die Prüfungskommission für das Justiz= und 
VerwFach, die Organe des Notariatswesens INI, 
die Anwaltskammer und die Ge fangenenanstal- 
ten] — gegenüber dem Finanz Min: die Staats- 
schuldenverwaltung (J/, die Hauptstaatskasse, das 
Katasteramt, das Erbschaftssteueramt (X] u. a. 
Jedem Ministerium obliegt hinsichtlich der An- 
gelegenheiten seines Ressorts dic oberste Leitung 
und Aufsicht; im einzelnen sind die Zuständig- 
keiten durch die im allgemeinen noch heute maß- 
gebende V v. 28. 5. 1821 und spätere Spezialvor- 
schriften geregelt. 
  
II. Der Wirkungskreis des Ministeriums des 
Innern umfaßt, abgesehen von bestimmten Aus- 
nahmen, die gesamte innere Verwaltung. Daher 
unterstehen dem Min Inn außer den vorgenann- 
ten Sonderbehörden namentlich die Behörden 
der allgemeinen Landesverwaltung und — soweit 
hier staatliche Zuständigkeiten überhaupt gegeben 
sind — die Angelegenheiten und Behörden der 
Kommunalverwaltung, sowie — unter dem glei- 
chen Vorbehalt — die Angelegenheiten und Or- 
gane der Kirchen und Religionsgemeinschaften. 
Als Kultusorgane sind insbesondere zu nennen: 
Für die evangelische Kirche Landesiynode, Ober- 
konsistorium, Superintendenturen, Dekanate und 
Pfarrämter; für die katholische Kirche Bischof 
(Mainz) und Domkapitel, Dekanate und Pfarr- 
ämter; für die israelitische Religionsgemeinschaft 
die Rabtbiner. 
Die im Min bestehenden Abteilungen haben für 
ihre Spezialressorts die Funktionen von Zentral- 
behörden, wie sie denn auch durchgehends an die 
Stelle von früheren selbständigen, sog. „Hoberen“ 
Behörden getreten sind: Die Abt. für Schulan- 
gelegenheiten an die Stelle der Oberstudien- 
direktion (früher Oberstudienrat und Oberschulrat) 
(V v. 3. 8. 74), die Abt. für Gesundheitspflege an 
die Stelle der Obermedizinaldirektion (V v. 28. 12. 
76), die Abt. für Landwirtschaft usw. an die 
Stelle der Oberen landwirtschaftlichen Behörde 
(V v. 17. 1. 00). Der Abt. f. Landwirtschaft, 
Handel und Gewerbe unterstehen auf Grund 
spezieller Bestimmungen: Die Landesgestütsdirek- 
tion, die Landceskreditkasse f, die Handelskam- 
mern 1, die Landwirtschaftskammer , die Zen- 
tralstelle für die Gewerbe, die Handwerkskammer 
endlich — als Unterbehörden der Zentralstelle 
für das Gewerbe — die Gewerbeinspektionen ss, 
die Dampfkesselinspektion I., die Geologische 
Landesanstalt und die Landeswohnungeinspektion. 
Als Unterorgane der Abt. für Gesundheitspflege 
sind besonders zu erwähnen die verschiedenen fach- 
lichen Prüfungskommissionen, die Kreisgesund- 
heitsämter (Kreisärzte, Krcigassistenzärzte) und 
die Kreisveterinärämter (Kreisveterinärärzte, Assi- 
stenzocterinärärzte) [A Wohnungswesen, Gesund- 
heitswesen). 
s 1l. Tie Provinzialbehörden. 
1. Ter Provinzialdirektor. Die Ein- 
teilung des Staats in Provinzen dient vornehm- 
lich den Zwecken der kommunalen Verwaltung; 
daher entbehrt die Provinz im Gegensatz zum 
Kreis (s. u.) der Leitung eincs für alle Angelegen- 
heiten der allgemeinen Landesverwaltung prä- 
sumtiv zuständigen, besonderen Beamten. Die 
leitenden Befugnisse des vom Landesherrn als 
Provinzialdirektor aufgestellten Staatsbeamten 
beschränken sich, soweit die allgemeine Landes- 
verwaltung in Frage steht, auf einige wenige ihm 
ausdrücklich verliehene Einzelzuständigkeiten, die 
sich zumeist aus seiner Funktion als Vorsitzender 
des Provinzialausschusses erklären. Aus diesem 
Grunde wird die provinzielle Staatsverwaltung 
gleichsam im Nebenamte von dem Kreisrate der 
Provinzialhauptstadt besorgt: Die „Provinzial- 
direktion“, als Amt des Provinzialdirektors, ist 
mit dem „Kreisamte“, als der Dienststelle des 
Kreisrates, personaliter uniert. Die wichtigsten 
staatlichen VerwKompctenzen des Provinzial- 
direktors sind: Die Leitung, Beaufsichtigung und 
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