Hessen (B. Behördenorganisation) — Hilfskassen
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als deren Stellvertreter die Beigeord-
neten, und die in einzelnen Stadtgemein-
den aufgestellten besonderen staatlichen
Lokalpolizeibeamten in Betracht. —
Die staatlichen Funktionen der Bürgermeister
bestehen namentlich in der Durchführung der
Gesetze, Verordnungen und behäördlichen Ver-
fügungen auf dem Gebiete der allgemeinen Lan-
desverwaltung, insbesondere auf demjenigen der
Lokalpolizei, die der Bürgermeister völlig unab-
hängig von der Gemeindevertretung ausübt. Die
Bürgermeister der Stadtgemeinden sind, ebenso
wie diejenigen der Landgemeinden, den Kreis-
räten unterstellt, jedoch sind die polizeilichen Be-
fugnisse der Stadtbürgermeister im Gegensatz zu
denjenigen der Landbürgermeister im wesent-
lichen den Pol Befugnissen der Kreisräte gloeich-
geartet (vgl. KrO a 64 ff, St O a 121 Ziff 1,
129 a, 120b; LGO a 121 Ziff 1, 128 3, 128 b.
— Die Gemeindevertretungen (Stadtverordneten-
versammlung, bezw. Gemeinderat) sind im allge-
meinen auf ihre kommunalen Funktionen be-
schränkt: mit anderen als Gemeindcangelegenheiten
dürfen sic sich nur dann befassen, wenn solche in
besonderen Fällen oder durch Gesetz ausdrücklich
an sie gewiesen sind (St O a 92, LVO a 91). —
Im übrigen 7 Gemeinde B. II S. 39fff., bes.
S. 93—97.
Die selbständigen Gemarkungen
sind in Sachen der allgemeinen Landesverwaltung
entweder unmittelbar dem Kreisamte unterstellt
oder mit einer benachbarten Gemeinde verbunden,
haben also keine besonderen staatlichen Organe.
Lüteratur: Ahl, Die geschichtl. Grundlagen der
staatl. Gemeindcaufsicht im Gr. H. (Diss. Giessen 1911;
Andres, Einführung des konstitut. Systems im Gr. H.
(Diss. Gießen 1908); Best, Amtl. Handausgabe der
hefs. Berwaltungsgesetze (1911); Hess. Bürgerbuch,
hrsg. v. Großh. hess. Staatsverlag (1969); van Calker,
Die Entwicklung der hess. Berw Lrganisation im 1p. Jahrh.
(Jahrb LessN 2 (1908) S 125 fK ) und die dort benannte
Literatur; van Calker, Hess. Versassungsgesetze (1906);
Cosack, Das Staaterecht des Gr. H., i. OB d. öffR
III. I. 4 (1334); Gareis, Das Staaterecht d. Gr. H.,
i. HBd. öff. R. B. III, I, 4 (18840,; Hof= und Staats-
handbuch f. d. Gr. H. 190%10; Kissel, Geschichtliche
Entwicklung des hess. Landtagswablrechts (Diss. Gießen
1911), nüchler, Das Verfassunge= und Verwäecht des
Großherzogtums H., hrsg. v. Braun und Weber,
4 Bde und 1 ErgB (1891—1896); Wennesheimer,
Die Zusammensetzung des Gemeinderats usw. im Gr. H.
(Diss. Gienen 1910). van Calker.
Hilfskassen
(Krankenversicherungsvereine auf Gegen-
seitigkeit)
1. Geschichte der Gesetzgebung l(mit Einschluß
der landesrechtlichen Hilfskassen). —
s# 2. Geltendes Recht der Krankenversicherungs-
vereine auf Gegenseitigkeit. 1. Aushyebung des Oilsfekassen-
gesetzes. Zulassung. II. Kleinere Krankenversicherungs-
vereine a. G. III. Versicherungsvertrag.
die eingeschriebenen H. v. 7. 4. 76, welches mit
dem G v. 8. 4. 76 über die Abänderung des Tit.
VIII GewO in engster Verbindung stand. Das
erstere bezeichnete als H. solche „Kassen, welche
die gegenseitige Unterstützung ihrer Mitglieder
für den Fall der Krankheit bezwecken“ und
ermöglichte ihnen die Erlangung einer ge-
sicherten Rechtsstellung als juristische Personen
auf dem Wege behäördlicher Zulassung; die zu-
gelassenen H. waren in ein Register einzutragen.
Nur auf gewerbliche H. bezog sich das 2.
Gv. 8. 4. 76 (IS 141—141 f GewO). Es gestattete
den Gemeinden, durch Statut die Bildung von
eingeschriebenen Hilfskassen für Gesellen, Gehil-
feen und Fabrikarbeiter anzuordnen und diese zur
Beteiligung zu verpflichten, soweit sie nicht an
einer freien H. teilnahmen. Dabei konnten
kugleich den Arbeitgebern Melde= und Einzah-
ungspflichten, Fabrikinhabern auch Zuschuß-
pflichten auferlegt werden. Für diese Zwangs-
kassen enthielt das H. Gesetz gewisse besondere
Bestimmungen.
I1I. Das Krank VW v. 15. 6. 83 [JArbeiter-
versicherung § 3j] übte auf das Recht der
eingeschriebenen H. nach doppelter Richtung Ein-
fluß aus:
1. Neben den Zwangskassen des Krank V#
war für weitere solche in Form der eingeschricbe-
nen H. kein Bedürfnis mehr. Deshalb wurde
das R v. 8. 4. 76 aufgehoben (§+ 87 Abs 1
Krank VG); die bestehenden cingeschricbenen H.
aber, bei welchen sei es nach Gemeindestatut,
sei es auch nach Arbeitsvertrag (Fabrikordnung)
ein Zwang zur Teilnahme für versicherungspflich-
tige Personen bestand, wurden je nach ihrer Art
in die Formen des Krank VG übergeführt und in
Orts-, Betriebs= (Fabrik-) oder Innungskranken-
kasson umgewandelt (5 85 ff Krank BG). Das
H.Gesetz war dadurch nur noch auf freic H. an-
wendbar und wurde dementsprechend, zugleich
mit einzelnen weiteren Abänderungen, durch eine
Novelle v. 1. 6. 84 umgestaltet.
2. Auch die freien H. wurden unter gewissen
Bedingungen in das System des Rrank BG ein-
gegliedert. Zwar sollte nicht mehr, wie nach ( v.
8. 4. 76, die Boteiligung an irgend einer freien
eingeschriebenen H. die Teilnahme an der Zwangs-
kasse ersetzen, wohl aber dann, wenn die H. ge-
wisse, im §+ 75 Krank G# festgestellte, Mindest-
leistungen gewährte. Die Novelle zum RKranken-
B v. 10. 4. 92 hat dann die Bedingungen dieser
Gleichstellung wesentlich verschärft.
III. Die Tatsache, daß die H. hiernach eine be-
sondere reichsgesetzliche Regelung erfahren hatten,
führte vornehmlich dazu, daß man die im ersten
Jahrzehnt dieses Jahrhunderts erfolgende Neu-
ordnung des privaten Versicherungswesens auf sie
nicht erstreckle. So wurden sie zunachst von dem,
zumeist auf die öffentlich-rechtliche (polizciliche)
Seite der Privatversicherung bezuglichen, daneben.
aber auch die Organisation der Versicherungsver-
eine auf Gegenseitigleit normierenden NG über
die privaten Versicherungsunternehmungen v. 12.
5.01, Versicherungsaufsichtsgesetz (BAl) genannt,
ausgenommen (7* 122) und dann ebenso von dem,
das Versicherungsverhältnis zwischen den Par-
teien regelnden Re# über den Versicherungsvertrag
Sl. Geschichte der Gesetzgebung. I. Dic reichs- v. 20. 5. 08, Versicherungsvertragsgesetz (VV)
gesetzliche Regelung der H. beginnt mit dem Güber genannt (5 190).