Preußen (Gemeindevorstand)
61
kommt hier zunächst die bureaukratische in Betracht.
Der Einzelvorstand findet sich regelmäßig in den
Landgemeinden, wo er Gem Vorsteher
(O. auch: Schulze, Scholze, Richter, Dorfrichter,
S-H. auch: Lehnsmann), in O-N. und Hoh.
Bürgermeister, sowie in den Städten von Rh.
und Hoh., wo er gleichfalls Bürgermeister und nach
Koniglicher Verleihung Oberbürgermeister heißt.
Ihm zur Seite stehen in Rh., W., Ha. und S.H.
ein Stellvertreter (Rh. auch: Beistand, Ha.: Bei-
geordneter), in den übrigen Land Gem 2 Schöffen
(O. auch: Schöppen, Gerichtsmänner, Gerichts-
oder Dorfgeschworene) und in den Städten der
Rh. 2 Beigeordnete. In Ha. können größere Gem
mehrere Vorsteher und Beigeordnete haben —
ein Fall, der im Gesetz nicht näher geregelt ist —
während in den übrigen Land Gem, mit Ausnahme
von Rh. und W., die Zahl der vorbezeichneten
Hilfsbeamten durch Ortsstatut auf 4 (Hoh.) bezw.
6 vermehrt werden kann, und in den Städten der
Rh. die Beigeordneten in größerer Anzahl je nach
Bedürfnis zu wählen sind. Wo es neben dem
Gem Vorsteher nur 2 Schöffen gibt, ist außerdem
ein Stellvertreter zu wählen, der im Falle der
Behinderung eines Schöffen diesen vertritt. Die
Reihenfolge, in der die Schöffen und Beigeord-
neten ihrerseits den BM zu vertreten haben, be-
stimmt in H-N. und Hoh. die Aussichtsbehörde
und in den rh. Städten die St V mit Geneh-
migung der Regierung; in den übrigen 260
sehlt eine entsprechende Vorschrift. Der Gem-
Vorsteher führt sein Amt regelmäßig als Ehren-
amt und hat dann lediglich Ersatz seiner baren
Auslagen, worauf sich die Ansprüche der Schöffen
ussw. überhaupt beschränken, und außerdem die
Gewährung einer mit seiner amtlichen Mühe-
waltung in billigem Verhältnis stehenden Ent-
schädigung (so O., S.H., H-N., Hoh.; ähnlich Ha.:
eine angemessene Vergütung für nötige Wege
außerhalb des Gem Bezirks oder statt ihrer eine
mäßige Besoldung: W. nur: Entschädigung für
Dienstunkosten) zu beanspruchen, über deren Fest-
setzung der Kreisausschuß, in Ha. die Gem be-
schließt. In Rh. ist die Dienstunkostenentschädi-
gung bis zum Betrage von 10 Pfg. auf den Kopf
der Bevölkerung zu bestimmen, kann aber mit
Genehmigung des Kreisausschusses auch höher
festgesetzt werden; daneben kann für Dienstreisen
nach einem mehr als 15 km entfernten Orte
noch besondere Vergütung verlangt werden.
Doch kann die Gem Vertretung in den Gem von
mehr als 1000 (Hoh.), 1200 (H-N.), 2000 (S-H.;
hier auch in den „Koogsgemeinden“ des Kreises
Tondern) oder 3000 Einwohnern (O.) die An-
stellung eines besoldeten Gem Vorstehers, in O.
(Gv. 20. 5. 02), sofern der Umfang oder die Eigen-
art der Gem Verwaltungsgeschäfte es erfordern,
mit Zustimmung des Min Inn durch Ortsstatut
auch die Anstellung besoldeter Schöffen, jedoch
höchstens bis zu ½ der Gesamtzahl beschließen.
In den Städten der Rh. ist der BMM stets be-
soldeter Beamter, und in der Anstellung auch be-
auch eine nicht zur Wahlversammlung gehörige
soldeter Beigeordneter die Gem unbeschränkt.
Die Anstellung aller Befoldeten erfolgt auf 12
Jahre, nach St O Rh. ist sie sogar auf Lebenszeit
zulässig, während die Unbesoldeten auf 6 Jahre
gewählt werden, mit Ausnahme von Ha., wo ihre
Amtsperiode je nach Gem Beschluß 6—12 Jahre
beträgt, und von H-N. und Hoh., wo der unbesol-
dete BM auf 8 Jahre gewählt wird. In O., S.H.
und W. ist es außerdem zulässig, den unbesoldeten
Gem Vorsteher schon nach 3jähriger Amtsdauer
auf 9 (W. 12) Jahre weiter zu wählen. Die Ge-
wählten müssen, sofern es sich nicht um Besoldete
handelt, stimmberechtigte Gem Mitglieder sein und
dürfen, um Gem Vorsteher (Ha.: Gem Beamte
überhaupt) zu werden, in W., Ha., H-N. und Hoh.
nicht Gast= und Schankwirte sein, wovon in H-N.
und Hoh. die Aufsichtsbehörde aber Ausnahmen
ulassen kann. In W. können außerdem Vorsteher,
in den rh. Städten BM und Beigeordnete die-
jenigen Personen nicht sein, die auch von dem
Amte des Gem-= bezw. Stadt Verordneten ausge-
schlossen sind und zwar gilt das bezüglich der Lehrer
nicht nur von denen an Volksschulen, sondern
von allen Lehrern an öffentlichen Schulen über-
haupt. Ferner dürfen mit Ausnahme von Rh.,
W. und Ha. Vater und Sohn sowie Brüder, in
den rh. Städten auch Schwiegervater und -Sohn
sowie Schwäger und in H-N. und Hoh. außer
diesen sogar noch Großvater und Enkel nicht
gleichzeitig Gem Vorsteher und Schöffen bezw.
BM und Beigeordnete sein, wovon in den beiden
letztgenannten Provinzen die Aufsichtsbehörde
gleichfalls Ausnahmen gestatten kann. Auch ist
hier das Amt eines Beigcordneten oder Schöffen
mit einem besoldeten Gem Amte unvereinbar.
Die Wahl erfolgt durch die Gem Vertretung
und in den übrigen Provinzen nur da, wo eine
solche nicht vorhanden, in Ha. dagegen immer
und überall, in Hoh. aber wenigstens in Gem
mit nicht mehr als 1000 Einwohnern durch die
Gesamtheit der stimmberechtigten Gem Mitglie-
der. In H-N. und Hoh. tritt zu der Gem Vertre-
tung, wo ein solcher besteht, auch der kollegialische
Gem Vorstand, wobei die Wahlversammlung be-
schlußfähig ist, wenn mehr als die Hälfte der Wahl-
berechtigten anwesend ist. Für die Wahlhandlung
sehlt ces in W. an jeder Bestimmung; in Rh. ist
das Wahlreglement zur KrO maßgebend und in
Ha. lediglich vorgeschrieben, daß die absolute
Majorität und in deren Ermangelung eine zweite
Wahl erforderlich ist, bei der unter Ausscheidung
desjenigen, der die wenigsten Stimmen erhalten
hat, nur noch die beim ersten Mal Benannten.
wählbar sind und, wenn auch auf diese Weise
keine absolute Mehrheit zu erreichen ist, der Land-
rat unter den beiden zuletzt Gewählten die Wahl
trifft. Auch die Wahlvorschriften der St O Rh.
sind nur kurz: für jeden zu Wählenden wird be-
sonders durch Stimmzettel abgestimmt, wobei
absolute Mehrhceit entscheidet. Wird auch hier die
absolute Mehrheit nicht erreicht, so findet unter
den 2 jetzt am meisten Genannten Stichwahl statt,
bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. Ein-
gehender sind die Bestimmungen in den LöO
für O., S-.H., H-N. und Hoh. Der Wahlvorstand
besteht hier aus dem Gem Vorsteher bezw. BM.
oder dessen Stellvertreter und 2 von der Ver-
sammlung zu wählenden Beisitzern. Als Schrift-
führer ist einer der letzteren zu bestellen, doch kann
Person dazu ernannt werden. Während der
Wahlhandlung dürfen im Wahlraum weder Be-
ratungen stattfinden noch Ansprachen gehalten
oder Beschlüsse gesaßt werden, es sei denn, daß
die Leitung des Wahlgeschäfts dies erfordert.
Jede Wahl erfolgt in einem besonderen Wahl-