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hat der Angeklagte ihm aber auf die linke Seite des Rückens und eine
weitere Anzahl von Schlägen in der Gegend des rechten Schulterblattes
versetzt. Durch diese Schläge hat der Angeklagte dem L. L. 5 stark blut—
unterlaufene Doppelstreifen auf der linken Seite des Rückens, so daß die
Haut in beiden Linien der Streifen eingesprungen war, und große blut—
unterlaufene Stellen in der Gegend des rechten Schulterblatts, so daß
das Blut mehrfach bis zur Hautoberfläche durchgedrungen war, zugefügt,
auch haben sich im Hemde des L. L. kleine Spritzstellen von Blut ge—
funden. Die Folge dieser Verletzungen ist die gewesen, daß L. L. einige
Tage gefiebert, nicht unerhebliche Schmerzen gehabt und das Bett hat
hüten müssen.
Es ist festgestellt, daß der Angeklagte in berechtigter Veranlassung
den seiner Schuldisziplin unterworfenen Knaben L. L. körperlich gezüchtigt
hat und daß der zum Schlagen benutzte Nohrstock und die Stellen des
Körpers, wohin sich die Schläge richteten, nicht auf eine unzulässige Art
der Züchtigung schließen lassen. Dagegen ist auf Grund des Erachtens
des Sachverständigen H. anzunehmen, daß die Schläge wenigstens zum
Teil mit mehr als gewöhnlicher Kraft geführt sind, daß ohne diese mehr
als gewöhnliche Kraftanwendung die Einsprünge der Haut auf beiden
Seiten der Striemen nicht entstanden sein würden, und nötigt die Heftig-
keit, mit der diese Schläge verabreicht sind, in Verbindung mit der
größeren Anzahl der verabreichten Schläge zu der Schlußfolgerung, daß
der Angeklagte bei der Züchtigung dasjenige Maß, welches dem Schul-
lehrer bei Wahrnahme der Schuldisziplin nach Landesrecht und insbe-
sondere nach der Zirkular-Verordnung vom 10. Februar 1845, betreffend
das Verfahren bei Beschwerden von Eltern über Bestrafung ihrer Kinder
in den Domanial-Landschulen, zusteht, überschritten hat. Es ist dabei
davon auszugehen, daß es sich hier nicht um bloße Striemen handelt, die
auch bei einer sich in erlaubten Grenzen haltenden Züchtigung entstehen
können, sondern daß durch die starken Blutunterlaufungen und durch die
Einsprünge der Haut erheblichere Verletzungen verursacht sind.
Angeklagter war durch seine amtliche Stellung als Lehrer zu der
Züchtigung des Knaben berufen und ist nichts dafür ermittelt, daß er die
ihm erlaubten Grenzen vorsätzlich überschritten und als Beamter in Aus-
übung seines Amts vorsätzlich eine Körperverletzung begangen habe. Des
Vergehens wider § 340 Abs. 1 des Strafgesetzbuchs ist er daher nicht
schuldig.
Dagegen hat der Angeklagte durch das Ueberschreiten des erlaubten
Maßes der Züchtigung durch Fahrlässigkeit den Knaben L. L. körperlich
gemißhandelt, und war er zu der Aufmerksamkeit, welche er aus den
Augen setzte, vermöge seines Berufs als Lehrer besonders verpflichtet.
Denn bei Vornahme körperlicher Züchtigungen an Schulkindern ist es die
Pflicht des Lehrers, genau darauf zu achten, daß die Schläge das ihm
zustehende Maß nicht überschreiten. Angeklagter ist, wie er selbst einräumt
und wie sich aus über seine Persönlichkeit in der Hauptverhandlung ab-
gelegten Zeugnissen ergibt, ein besonders ruhiger und nicht zum Jähzorn
neigender Mann, er ist auch am 11. Januar keineswegs besonders erregt
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